GESUNDHEITSREFORM: VON ROT-GRÜNEN INHALTEN IST NICHTS ZU SEHEN : Nur den Finanzen geht es besser
Die Union hat sich auf ganzer Linie durchgesetzt. Die Gesundheitsreform, wie sie in der Nacht zum Montag ausgehandelt wurde, können CDU und CSU ganz für sich verbuchen. Rot-grüne Ideen kommen darin praktisch nicht mehr vor. Zum Teil verdientermaßen: Warum nun ausgerechnet das Krankengeld ausgelagert und einseitig den Versicherten aufgebürdet werden sollte, erschloss sich seit seiner Agenda-2010-Rede ohnehin nur dem Kanzler. Nun kommt da irgendwas mit dem Krankengeld ab 2007, was gestern auch die Gesundheitsministerin nicht mehr erklären konnte. Dürfte sich erledigt haben. Was Schmidt jetzt als Errungenschaft verkauft – eine Liberalisierung des Pillenverkaufs, wie sie durch die begrenzte Einführung von Apothekenketten zu erwarten steht –, läuft nicht im engeren Sinne unter „rot-grün“. Denn hier handelt es sich um eine rein marktwirtschaftliche und nicht politisch gestaltende Maßnahme.
Nein, sozialdemokratisch oder grün ist nichts mehr an dieser Reform, wenn sie in der vorliegenden Fassung Gesetz wird. Es ist keine „Effizienzrevolution“ (Schröder), es ist keine Reform, „in der die starken Schultern mehr tragen müssen als die schwachen“ (Schmidt), es ist keine Reform, die eine Vision für das Gesundheitssystem der Zukunft beinhaltet, ob diese nun „Bürgerversicherung“ heißt oder „Kopfpauschale“.
Es ist eine Reform, die sich die Regierung von der Opposition hat oktroyieren lassen. Der Grund liegt in einem schweren strategischen Fehler innerhalb der Reformdebatte: Kanzler wie Gesundheitsministerin haben gesagt, dass sie nur dann Regierung genannt werden können, wenn ihnen eine Gesundheitsreform gelingt. Davon haben sie ihre Regierungsberechtigung regelrecht abhängig gemacht. Das haben sie nun davon: Die Union konnte sie genussvoll über den Tisch ziehen.
Wenn man von einer rot-grünen Regierung auch erwarten kann, dass sie Patienten schützt, das Solidarprinzip der gesetzlichen Krankenversicherung (zur Erinnerung: Reich zahlt für Arm, Jung für Alt und so weiter) erhält und Gesundheit nichts als Ware, sondern als Gemeingut betrachtet: Dann hat sie versagt. ULRIKE WINKELMANN