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Archiv-Artikel

GESUNDHEITSMINISTERIN ULLA SCHMIDT NUTZT DIE GUNST DER STUNDE Kassenärzte müssen klüger werden

Um mal mit einer anderen Berufsgruppe anzufangen, die mit Leben und Tod zu tun hat: Berliner Feuerwehrleute müssen jedes Jahr für zwei Wochen zur Fortbildung. So gesehen ist es eine prima Idee, auch die Kassenärzte zu Weiterbildungen zu zwingen, wie es Gesundheitsministerin Ulla Schmidt vorhat. Umformuliert kommt der Vorschlag sogar noch markiger daher: Die Zulassung der Kassenärzte wird zeitlich begrenzt – und nur dann verlängert, wenn sie regelmäßige Fortbildungen nachweisen.

Nun werden sich die ärztlichen Standesorganisationen ihre Weiterbildungen schon selbst organisieren und entsprechend bequem ausgestalten – ganz abgesehen davon, dass es bereits viele nette Fortbildungsveranstaltungen gibt, zu denen die Pharmaindustrie neben den Klinikärzten sicherlich auch die niedergelassenen Ärzte gerne vermehrt einlädt, um ihnen die Vorzüge jüngster Entwicklungen zu erklären. Man darf jedenfalls gespannt sein, welche Maßnahmen sich die Krankenkassen einfallen lassen, um die Qualität einer obligatorischen ärztlichen Weiterbildung zu kontrollieren. Dies aber ist natürlich kein Argument gegen den bestimmt gut gemeinten Vorschlag Ulla Schmidts. Wobei zu den guten Absichten der Ministerin mindestens noch eines zu bemerken ist: Es ist sicher kein Zufall, dass gestern ausgerechnet die beiden durchsickerten, mit denen die Ministerin unmittelbar den Ärzten auf die Zehen tritt. Nicht nur die Pflichtweiterbildung, auch die Offenlegung von Funktionärsgehältern ist eine Forderung, die in der Öffentlichkeit hervorragend, bei den Ärzten dagegen als Beleidigung ankommt.

Und damit hat Schmidt die Kassenärztliche Bundesvereinigung eiskalt erwischt. Denn die ist ohnehin in der Defensive: Die KBV hat gemerkt, dass die angedrohten Protestaktionen auf wenig Verständnis stoßen. Im allgemeinen Kürzungs- und Stressklima kommen demonstrativ geschlossene Praxen sowohl bei schlechter verdienenden Kollegen als auch bei Patienten als das an, was sie sind: als idiotische Idee. Tagessieg für die Ministerin. ULRIKE WINKELMANN