GEHT’S NOCH? : Lecker ist besser
Die Mittagsmahlzeiten für die Kinder in Schulen sind nicht gesund genug? Die Ansprüche daran sind oft überzogen
Das beste Schulessen ist eines, das gegessen wird. Kinder mögen Fischstäbchen und Schnitzel, Eierkuchen und Milchreis – sollen sie ruhig solche Mittagsmahlzeiten kriegen, am besten mit frischem Obst zum Nachtisch! Denn verschmähen die Kinder ihr Essen, stillen sie ihren Hunger hinterher mit Süßigkeiten. Keine gute Idee.
Die Kritik an Vielseitigkeit und Qualität der Schulspeisung, zumeist von ambitionierten Mittelschichtseltern vorgebracht, trägt vor Ort oft hysterische Züge. Auch günstiges Essen muss nicht schlecht sein; einfache Gerichte wie Kartoffeln mit Quark oder Nudeln mit Tomatensoße kosten nicht die Welt. Es sei denn, man erhebt den Anspruch, dass alle Zutaten frisch auf dem (Bio-)Wochenmarkt eingekauft und in der Schule zubereitet werden. Solche Ansprüche sind weit überzogen – den Schulen fehlen schlicht die räumlichen, personellen und finanziellen Voraussetzungen.
Eltern, die sich bei der Kinderernährung verwirklichen wollen, haben ohnehin genügend Gelegenheit dazu. Aufs Jahr gerechnet, gilt nämlich: Nur etwa jede sechste Hauptmahlzeit (Frühstück, Mittag, Abendbrot) nimmt ein Kind als Schulmittagessen ein. Fünfmal vollwertig und einmal normal – wo ist das Problem? Eine Elternhaltung ist jedenfalls bigott: schnell morgens überzuckerte Cornflakes und abends billige Würstchen anbieten, weil wegen Langschläfrigkeit und Yogakurs keine Zeit zum Kochen ist – aber von Staat und Miteltern verlangen, allerbestes Schulessen zu finanzieren.
Denn irgendjemand muss die Erfüllung der hohen Ansprüche ja bezahlen: entweder alle Eltern durch hohe Essenspreise oder der Staat durch hohe Subventionen. Im ersten Fall würden arme Eltern ihre Kinder, die vernünftiges Essen oft am nötigsten haben, von der Schulspeisung abmelden. Und im zweiten wäre das Geld besser investiert, wenn damit die Klassenstärken verkleinert und Unterrichtsausfall verhindert würde. Der größte Schulskandal ist nämlich nicht das Essen, sondern der Fakt, dass viel zu viele Jugendliche die Schule verlassen, ohne lesen, schreiben und rechnen zu können. RICHARD ROTHER