GEHT’S NOCH? : Keine Namen
2.000 MEHR ODER WENIGER PROMINENTE DEUTSCHE TAUCHEN IN DEN DATEN VON SWISS-LEAKS AUF. WIR ERFAHREN NICHT, WER
Ein Jahrhundertfund seien die Daten, so Steuerfahnder. Ein Mitarbeiter einer der größten Banken der Welt, der britischen HSBC, hat von Zehntausenden Reichen die Daten ihrer Konten in der Schweiz den Steuerbehörden geliefert. Mit allen Details, die den Ermittlungsbehörden die Arbeit erleichtern, wie Anmerkungen der Banker („keine Mitteilungen versenden“, „Kunde will Geld vor Steuer in Sicherheit bringen“). Darunter Waffenhändler, Diktatorenfreunde, Blutdiamantenhändler – unter ihnen auch gut 2.000 Deutsche: Sportler, Firmenchefs, Promiadel und viele unbekannte Vermögende. Pro Konto im Schnitt 1,5 Millionen Euro.
Das Erstaunliche: Die Öffentlichkeit erfährt die deutschen Namen nicht. Die Journalisten von der Süddeutschen Zeitung, von NDR und WDR haben die Daten, nennen aber die Personen nicht. Nun haben Leute wie der Recherchechef der Süddeutschen, Hans Leyendecker, nachweislich keine Angst vor großen Tieren. Was ist also los?
„Wir wollten nicht vom eigentlichen Problem ablenken“, so Leyendecker, „nämlich der Bank.“ Die hätte skrupellos selbst offensichtlichen Kriminellen ihre Dienste angeboten. Und warum die alte Regel ignorieren: kein Skandal ohne Namen? „Es wäre eine Verdachtsberichterstattung geworden“, sagt Leyendecker. Rechtlich eventuell durchzuhalten, aber aufwendig gegen so viele anwaltsbewehrte Personen: Das Steuergeheimnis in Deutschland ist wasserdicht, also keine offiziellen Auskünfte. Und öffentlich verhandelt wird praktisch nie, die Verfahren werden nach Paragraf 153a der Strafprozessordnung gegen Geldauflage eingestellt.
Andere beteiligte Medien wie der britische Guardian nennen Namen. Dort ist aber Wahlkampf und die juristische Aufarbeitung eine andere. Vier Länder ermitteln gegen die Banker. In Deutschland: nix. Und bald ist alles verjährt, die Daten reichen nur bis ins Jahr 2007. Was meldet unsere Regierung vom Treffen der Finanzminister? „Mit einem Aktionsplan wollen die G-20- und die OECD-Länder Steuerflucht effektiver bekämpfen.“ Ja dann fangt doch mal zu Hause an. REINER METZGER