GANZ KREATIVE SCHULE : Das Tanzprojekt
Die Lehrerin sagte mir, Miss Trixie (8) wolle nach Australien auswandern, falls sie weiter an dem Tanzprojekt teilnehmen müsse. Augenzwinkernd gab sie mir zu verstehen, ob ich meiner Tochter nicht mal ins Gewissen reden könne. Tanzprojekt? Ich dachte, das hier sei eine Schule? Alle müssten da mitmachen und es werde dann eine Aufführung beim Schulfest geben. Ich fragte Miss Trixie, warum sie keine Lust habe. „Weil ich keine Lust habe“, antwortete sie. Als Begründung war das etwas dünn. Ich bohrte weiter. „Außerdem ist das Tanzprojekt doof.“ „Verstehe“, sagte ich und vergaß die ganze Sache wieder.
Beim Schulfest gab es volles Haus. Eine peruanische Tanzpädagogin führte Regie, Eltern turnten mit Camcordern wie bei einer Pressekonferenz von Merkel auf, neben, vor und unter der Bühne. Als die peruanische Tanzpädagogin einen in weiße Gewänder eingewickelten Grundschüler auf die Bühne führte, damit der „Guten Tag“ in mehreren Sprachen aufsagte, blitzlichtgewitterte es aus allen Handys und Digis. Der Junge hielt schützend die Hand vors Gesicht und blieb stumm, während die peruanische Tanzpädagogin ihn aufforderte, ganz locker zu sein. „Der betritt nie wieder in seinem Leben eine Bühne“, flüsterte mir Pauls Vater ins Ohr.
Dann stolperte die Tanzprojektklasse auf die Bühne. Jedes Kind hatte ein Kostüm an, Landestrachten, mit denen Völkerverständigung symbolisiert werden sollte. Sagte mir jedenfalls ein Fachmann. Die Kinder fassten sich an den Händen und hüpften zu einer abschreckenden Musik im Kreis. Ab und zu machten sie „Hau!“. Wie mir Miss Trixie später erklärte, sollte das „Hugh!“ heißen. Was Indianer da zu suchen hatten, war mir schleierhaft.
Ich verließ fluchtartig den Raum. Miss Trixie fand das Tanzprojekt auch im Nachhinein doof, und jetzt wusste ich auch genau, warum. KLAUS BITTERMANN