GALERIE AXEL OBIGER : Ebenen des Unumgänglichen
Der November hat begonnen, und der Tod ist allgegenwärtig. Ob in der lustigen Halloween-Variante – die weiter vom Ableben entfernt ist als Weihnachten von Frieden auf Erden –, als Totensonntag, der am Ende des Monats bevorsteht, oder die vermeintlich dahinsiechende Vegetation, die sich zum Neubeginn verkapselt. Die wenigsten von uns kommen dem Tod aber noch wirklich nahe oder pflegen intensive und regelmäßige Kontakte zu alten Menschen. Die Fotografin und Filmemacherin Claudia Rorarius konzentriert sich hingegen ein weiteres Mal auf die Beziehung zu ihrer Großmutter. Bereits 1998 hat sie mit dem Dokumentarfilm „Meine Großmutter“ ein eindringliches und würdevolles Porträt der alten Dame geschaffen.
In der Fotoinstallation „Leaving Else“ fängt Rorarius den letzten Lebensabschnitt ihrer Großmutter ein. Es sind intime Bilder einer sich auflösenden Frau, die immer weiter in einen fremden Zustand übergeht, bis sie stirbt und einen leeren, immer abstrakteren Freiraum entstehen lässt. So ist es, wenn es auch im ersten Moment befremdlich anmuten mag, nur stringent, dass die Berlinerin Claudia Rorarius diesen familiären und persönlichen Einblicken solche in fremde Ländern gegenüberstellt.
Es sind zwei sehr unterschiedliche, in mehrerer Hinsicht parallel verlaufende Motivketten, die zu der Auseinandersetzung mit Fragen wie der Abgrenzung von ihnen drängen: Einsamkeit, Identität und Verlassen sind eben Themen, die man ab einer gewissen Intensität gern von sich schieben möchte. Mit diesem gezielten Changieren zwischen Dokumentation und Inszenierung treffen allerdings Realität und Fiktion aufeinander und lassen eine herausragende Wahrnehmungsebene entstehen. Diese geht zwar tief, aber vermittelt auch die entsprechende Distanz. MJ
■ Bis 11. November, Fr.–So., 14–19 Uhr, Brunnenstr. 29