G20-Gipfel: Weisen wider das Uebel:
Manchmal, wenn wir uns nicht mehr über den G20-Gipfel in Hamburg aufregen wollen, greifen wir uns die „Sammlung geistlicher Lieder zur Erheiterung und Beruhigung unter den Uebeln und Leiden des Lebens“, die der gute Hamburger Nikolaus Joachim Guilliam Evers im Jahr 1817 veröffentlichte. Dann schmettern wir alte Agnostiker im Wahrheit-Kontor verwitterte Weisen: „Weltenlenker, kann der Wurm im Staube prüfen, was Dein weiser Rath beschließt? Kann der Mensch den Strom der Zeiten fassen, der sich in die Ewigkeit ergießt?“ Bestärkt geht es zurück ans Werk – aber was müssen wir da lesen? Eine Meldung der christlichen Nachrichtenagentur epd: „Unwägbarkeiten im Club der Weltenlenker.“ Wie? Der G20-Gipfel ist ein „Club der Weltenlenker“? War das nicht früher Gott höchstpersönlich? Und jetzt sind solche Pfeifen wie Trump und Erdoğan Götter? Diese Christen sind auch nicht mehr das, was sie mal waren. Schnell zur Beruhigung der Nerven zum „Allgemeinen Israelitischen Gesangbuch für Gotteshäuser und Schulen“ von 1833 gegriffen und losgelegt: „Groß ist Gott, der Weltenlenker …“
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