Fund bei Bau von Erdgasleitung: Goldrausch bei Gazprom
Beim Bau der Nordeuropäischen Erdgasleitung taucht in Niedersachsen ein Goldschatz auf. Informiert wird spärlich - aus Sorge vor Goldgräberstimmung.
HAMBURG taz | Es muss ein Gefühl gewesen sein wie in den Zeiten des großen Goldrausches. Graben, sieben, hoffen und dann: Der schimmernd-gelbliche Anblick des Metalls, das die Menschheit schon immer faszinierte - Gold. Doch die Zeiten sind andere und die Umstände unterscheiden sich: Die Goldgräber sind Archäologen des Niedersächsischen Landesamtes für Denkmalpflege. Die Fundstellen befinden sich nicht im Wilden Westen, sondern ganz unromantisch irgendwo im Landkreis Diepholz in Niedersachsen entlang der künftigen Gazprom-Gaspipeline.
"Ein Armreif ist sichtbar, der Rest befindet sich noch in einem auf 60 mal 60 Zentimeter konzentrierten Erdblock, der nun von den Wissenschaftlern behutsam auseinandergenommen wird", ist aus dem niedersächsischen Wissenschaftsministerium zu hören. Viel mehr sei noch nicht bekannt. Obwohl der Fund bereits im Frühjahr gemacht wurde, hält man sich dort noch bedeckt. Zu groß ist die Befürchtung, man könne private Schatzsucher ermutigen, entlang des Fundortes zu graben und dabei historische Schätze zu zerstören. Deshalb dauerte es, bis die Informationen nun durchsickerten, deshalb wird auch nichts Näheres zum genauen Fundort bekannt gegeben.
Niedersachsen in der Bronzezeit um 2.000 vor Christus: Germanische Stämme bevölkern das Land. Viel weiß man nicht über sie: Sie verehrten die Sonne, sie machten sich Gedanken über astronomische Zusammenhänge. Spuren dieser Kultur finden Archäologen immer wieder. Grabhügel, unter denen Germanen ihre Toten begruben, lassen sich auch heute noch in vielen Wäldern der Region entdecken. Der Goldschatz also eine Grabbeigabe? Laut Wissenschaftsministerium nicht auszuschließen.
Goldschätze und historische Funde entlang der Nordeuropäischen Erdgasleitung, die von Russland auf einer Länge von etwa 440 Kilometern durch Deutschland führt - das ist kein Zufall. Bereits im Vorfeld des Bauvorhabens begriffen Wissenschaftler die einmalige Chance, die sich durch den Bau der unterirdischen Trasse bieten würde. In Niedersachsen gründete man hierzu koordiniert vom Landesamt für Denkmalpflege ein eigenes archäologisches Projekt.
Entlang der Großbaustelle am 200 Kilometer langen Grabungsschnitt durch Niedersachsen, wo bis zu 100 Mitarbeiter gleichzeitig im Einsatz sind, tummeln sich jetzt auch Archäologen. Für sie eilt es: Ende 2012 soll alles fertig sein. Mitfinanziert werden die Ausgrabungen von Pipeline-Investoren. Ein Geschäft mit Hintergedanken? Kassiert Gazprom am Ende die Gold-Millionen?
Rüdiger Fischer, Sprecher des niedersächsischen Wirtschaftsministeriums, verweist auf das Denkmalschutzgesetz. Schätze, die bei staatlichen Grabungen entdeckt werden, gehen demnach in den Besitz des Landes Niedersachsen über. Und dort hat man auch schon Pläne für den Goldfund: Anfang 2012 soll er bei einer Ausstellung der Öffentlichkeit gezeigt werden.
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