: Für ein paar Euro mehr
Rot-Grün legt bei Mietobergrenzen nach: Das Angebot an Wohnungen werde so deutlich erweitert, die Zahl der Umzugsaufforderung drastisch reduziert. Linksfraktion: Schritt in die richtige Richtung
von BENNO SCHIRRMEISTER
Um weitere zehn Euro aufstocken will die rot-grüne Koalition die Mietobergrenzen für Arbeitslosengeld-II-Empfänger: Während der Entwurf der Sozialsenatorin 310 Euro als Höchstsatz vorsah, soll die Bagis künftig bis zu 320 Euro übernehmen. Der Wert bezieht sich auf Einpersonenhaushalte in Wohnungen der Baujahre ab 1966.
Eine entsprechende Beschlussvorlage präsentierten gestern die sozialpolitischen Sprecher der SPD- und Grünen-Fraktion. Sie differenziert zudem die Obergrenze nach Stadtteilen: In Alt-Osterholz oder der Vahr müsse sie beispielsweise um zehn, in den sehr teuren Bezirken sogar 20 Prozent höher liegen als im Regelfall. Zusätzlich eingebaut ist ein so genannter Wohnungssicherungszuschlag von zehn Prozent. Sprich: Ein Single-Haushalt in Schwachhausen darf unbeanstandet bis zu 422,40 Euro kosten.
„Was wir vorschlagen, ist eine Anpassung an die Realität“, so Wolfgang Grotheer (SPD) mit Blick auf die Kritik aus Reihen der CDU: Die Unionsfraktion hält die Anhebung für überzogen. Ursprünglich lag die Grenze bei 265 Euro – und damit so niedrig, dass es „entsprechenden Wohnraum nicht gab“, so Grotheer weiter.
Folge: Die Bagis verschickte massenhaft „Minderungsbegehren“ – vulgo Umzugsaufforderungen. 5.800 Betroffene hätte es nach den alten Werten gegeben, der senatorische Vorschlag hätte die Fallzahl auf rund 2.800 Fälle reduziert.
Ganz wegfallen werden die auch nach dem neuen Entwurf nicht. Er erwarte aber, „dass sich das mindestens noch einmal halbiert“, so Horst Frehe (Grüne). Immerhin könnten die Betroffenen mit den neuen Werten „auf 70 Prozent des Wohnungsangebots zugreifen“.
Als einen „ersten Schritt in die richtige Richtung“ bewertete die sozialpolitische Sprecherin der Linken, Inga Nitz, den Vorschlag. „Wenn es aber bei 1.400 Umzügen bleibt, wäre das noch immer zu viel.“ Sie empfinde es als problematisch, wenn diese Debatte „nur unter monetären Aspekten“ geführt werde: Zwar müsse Bremen sparen. Aber „dass das zu Lasten der Ärmsten geschieht, ist der falsche Weg“.
Auch von Seiten des Verdi-Erwerbslosenforums fällt der Jubel verhalten aus: Zwar begrüßte dessen Sprecher Klaus Neumann die Anhebung. Problematisch sei aber, dass die Betriebskostensätze unverändert bleiben. Außerdem gehörten auch die Werte für Familien überprüft. Tatsächlich sieht der Entwurf für einen Vierpersonenhaushalt 505 Euro als Maximum vor, 490 waren es bisher. „15 Euro“, so Neumann, „da kann man nicht von einer drastischen Erhöhung sprechen.“ Am Dienstag werde man die Bedenken bei einer Diskussion im DGB-Haus zur Sprache bringen. Die Mitglieder der Sozialdeputation seien dazu eingeladen.
Über die Beschlussvorlage beraten die Anfang Oktober. „Wir rechnen mit Kritik“ sagte Grotheer. Allerdings setze man mit dem jetzigen Entwurf „sämtliche Vorgaben der Rechtssprechung um“, so Frehe.