Friedensforscher Müller: "Der Ton in den USA hat sich verändert"
Harald Müller von der Hessischen Stiftung Friedens- und Konfliktforschung über die Rüstungskontrolle in den USA nach George W. Bush.
taz: Herr Müller, wo sehen Sie einen Wandel in der Rüstungspolitik der USA?
Harald Müller: Nachdem die schlimmsten Hardliner allmählich aus dem US-Außenministerium herausgedrängt sind, hat sich zumindest der Ton verändert. Man bekennt sich beispielsweise wieder dazu, im Rahmen des Atomsperrvertrags zur nuklearen Abrüstung verpflichtet zu sein, mit Nordkorea sucht man den Kompromiss, um das nordkoreanische Waffenprogramm diplomatisch beizulegen.
Wo macht sich das bemerkbar?
Es begann mit dem Artikel der ehemaligen Minister Kissinger, Shultz, Perry und des Exsenators Nunn im Wall Street Journal vor einem Jahr. Ausgerechnet aus der Mitte des Establishments wurde die Forderung nach nuklearer Abrüstung laut. Die von Ted Turner finanzierte Nuclear Threat Initiative steckt viel Geld in eine Kampagne, mit der die "glorreichen Vier" die wichtigen Spieler in der Weltpolitik von ihrer Vision überzeugen wollen.
Was haben die USA davon?
Ein neuer Rüstungswettlauf zwischen den Großmächten wäre riskant und teuer; die nukleare Weiterverbreitung hätte mehr Zugriffspunkte für Terroristen, die sich Spaltmaterial beschaffen wollen. Ein nuklearer Abrüstungsprozess führt von diesen Risiken weg. Und schließlich sind die USA auch ohne Nuklearwaffen allen übrigen Rivalen militärisch überlegen.
Wie werden sich die Präsidentschaftskandidaten in dieser Frage verhalten?
John McCain hat erklärt, neue nukleare Rüstungskontrollverträge mit Russland anstreben zu wollen. Hillary Clinton wird an der früheren Politik ihres Gemahls anknüpfen, der die letzten großen Abkommen, Start II und den Teststopp, ausgehandelt hat. Barack Obama hat noch vage, aber visionäre Äußerungen zur nuklearen Abrüstung gemacht.
Wie könnte Abrüstung heute denn aussehen?
Inkraftsetzen des Teststoppvertrags; Produktionsverbot für militärische Spaltstoffproduktion; ein neuer Abrüstungsvertrag mit Russland, der die Arsenale auf 1.000 Sprengköpfe reduziert; Abzug der taktischen Kernwaffen aus Europa.
INTERVIEW: JULIA WALKER
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