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Freudestrahlende Kinder ziehen in „ihre“ Schule

■ Gesamtschule in Dormagen nach monatelangem Streit am Dienstag geöffnet / Zentrumspolitiker aus „christlicher Überzeugung“ zum Gesinnungswandel bereit / CDU–Mitglieder schämen sich ihrer Partei / „Schulkrieg“ geht weiter

Von Jakob Sonnenschein

Mit Blumentöpfen in der Hand waren sie am Dienstag vor einer Woche erschienen. Kinder, Eltern und Lehrer, fest entschlossen, weiter um „ihre“ Schule zu kämpfen, deren Eröffnung am Abend zuvor das Oberverwaltungsgericht in Münster per Eilverfahren verboten hatte. Eine Woche lang oblag die Pflege der Blumen allein den Lehrern, doch am Dienstag dieser Woche öffneten sich die Schultüren endlich auch für die Kinder. Selten wohl haben Kinder so leidenschaftlich Einlaß in „ihre Penne“ begehrt, wie jene 116 Schülerinnen und Schüler, die nur per Gerichtsbeschluß zu stoppen waren. Zumindestens die drei Zentrumsabgeordneten im Dormagener Rat scheint dieser zähe Kampf beeindruckt zu haben. Sie waren es, die am späten Montagabend zusammen mit der SPD und den Grünen in einer Ratssondersitzung dem „Schulkrieg“ in der niederrheinischen Kleinstadt ein Ende bereiteten. Jubel über den Sieg Im engen, überfüllten Sitzungssaal jubelten die Eltern, als das Ergebnis der geheimen Abstimmung bekanntgegeben wurde. 26 der 49 Ratsmitglieder stimmten für die Errichtung der Gesamtschule, die 23 CDU–Leute dagegen. Schon am 17. Dezember 1985 hatte der Rat der Stadt eine gleichlautende Entscheidung gefällt. Warum die drei Zentrumsabgeordneten diesen Beschluß zusammen mit den CDU–Vertretern dann am 13. März 1986 wieder aufhoben, blieb bis heute im Dunkeln. Die plötzliche Sorge vor der möglichen Verdrängung einer im Stadtteil gelegenen Hauptschule allein kann es wohl nicht gewesen sein. Jedenfalls begann danach ein politischer und juristischer Kampf, der bei den regionalen Zeitungen regelmäßig als „Schulkrieg“ für Schlagzeilen sorgte und sogar dazu führte, daß Kultusminister Schwier erstmals von seinem Recht Gebrauch machte, eine Kommune zur Errichtung einer Gesamtschule anzuweisen. Ob dies in einer juristisch korrekten Form geschah, sollte in einem von vielen Prozessen in dieser Woche vor dem Oberverwaltungsgericht in Münster entschieden werden. Dazu wird es nun nicht mehr kommen. Aber ein Stück Schulpolitik kann das Gericht gleichwohl noch mitentscheiden, denn am Dienstag fanden sich die Parteienvertreter in Münster ein, um über die Verfahrenskosten zu verhandeln. Die dazu notwendige „summarische Rechtsprüfung“ wird zu der Rechtmäßigkeit der Schwierschen Anweisung nicht schweigen können. Für den Schulbetrieb in Dormagen, auf den sich die Schüler schon in der letzten Woche „so gefreut“ hatten, ist die Entscheidung ohne Belang. Eine Woche lang hatten sie sich jeden Morgen mit ihren Eltern vor „ihrer“ Schule versammelt. Am Mittwoch wurde ein Geo–Park besucht, eine Gesamtschule in Duisburg und auch der Hof des Bauern Päffgen. Die beste aller Schulformen CDU–Mitglied Päffgen mochte in der Gesamtschulfrage seiner Partei nicht folgen. Zusammen mit seinen Mitstreiter/innen/n von der Elterninitiative für eine Gesamtschule hat er kräftig gefeiert, als die zur Gründung erforderliche Zahl von 112 Anmeldungen erreicht worden war. Der alleinerziehende Landwirt sieht in der Gesamtschule für seine zehnjährige Tochter „die beste aller Schulformen“, während sie für seine Partei noch immer nicht mehr als eine sozialistische Kaderschmiede ist. Mitleid mit den Schülern Zumindestens in Dormagen geriet diese Politik nicht gerade zum Wohle der Partei. CDU–Mitglieder „schämen“ sich ihrer Mitgliedschaft, denn es war - so schrieb selbst die FAZ - der stellvertretende CDU–Bürgermeister Hoffmann, zugleich auch Büroleiter des CDU–Fraktionsvorsitzenden Worms im Landtag, der „einen förmlichen Schulkrieg entfesselte“. Diese Politik mochten die Zentrumspolitiker dann doch nicht mehr mittragen. Die Auseinandersetzung habe für die Kinder zu einem „unmenschlichen, unwürdigen und unchristlichen Zustand“ geführt, der die Zentrumspolitiker, so Ratsmitglied Woitzik, bewogen habe, eine neuerliche Kehrtwende zu vollziehen. Der Schulkampf in NRW ist damit jedoch nicht beendet. Mit allen Mitteln versucht die CDU, Gesamtschulgründungen vor Ort zu verhindern, selbst wenn der sonst so oft bemühte Elternwille sich eindeutig für eine Gesamtschule äußert. Zu welchen Mitteln die Partei dabei greift, beweist das Fraktionsprotokoll der CDU–Ratsherren in Möchengladbach: Dort wird für die Gesamtschule ein Standort möglichst weit draußen empfohlen, „der nach Aussagen der Fachleute die Chance (bietet), daß die für Mönchengladbach erforderlichen 112 Anmeldezahlen nicht zustandekommen“.

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