: Frauenkultur, aber bitte alkoholfrei
■ Abstinenter Frauenbund feierte 90jähriges / Melba-Mix statt Schnaps
Vielleicht kennen auch Sie noch das heutige Cafe „Ambiente“ am Osterdeich als alkoholfreie Gaststätte mit Mittagstisch. Als 'Ottilie-Hoffmann- Haus' gehörte es bis in die 80er Jahre dem Deutschen Frauenbund für alkoholfreie Kultur, der am Wochenende mit Fest und feministischer Stadtrundfahrt sein 90jähriges Bestehen feierte. Die taz sprach mit Eva-Marie Hollweg, seit neun Jahren Vorsitzende des Bremer-Bremerhavener Landesverbandes.
taz: Wer bei Ihnen eintreten will, muß erstens eine Frau sein...
Eva-Marie Hollweg: Ja — aber wir haben auch 3 Männer, als Fördermitglieder!
... und man muß abstinent leben?
Ja. Ordentliche Mitglieder sind abstinent.
Spricht das auch gegen Eierlikör übers Eis?
Ja. Wenn wir auch kein Verein sind von ehemaligen Alkoholikern. Abstinenz ist heute schwierig: Alkohol gehört gesellschaftlich so dazu. Früher kamen doch viele Frauen mit dem Alkohol gar nicht in Berührung.
Wieviele Bremerinnen engangieren sich für alkoholfreie Frauenkultur?
Wir hatten mal 28.000 Mitglieder, vor dem Kriege, im Reichsgebiet. Jetzt sind es nur noch 350 in der ganzen BRD. Aber ich habe den Verein in Bremen vor 9 Jahren übernommen und geschafft, daß wir hier wieder auf 74 angestiegen sind.
Sind die Frauen als Angehörige von Alkoholkranken engagiert?
Ja. Einige finden auch einfach, daß unsere Vereinsarbeit interessant und gut ist. Ich zum Beispiel bin durch Zufall daran gekommen. Ich wurde nach meiner Pensionierung als Bibliothekarin in der Stadtbibliothek von einer Leserin geworben.
In Ihrer Broschüre machen Sie Lust auf Getränke ohne Alkohol: Jamaika-Punsch, Melba-Mix, Sweet Banana...
Wir machen Informations-und Getränkestände, mit kostenlosem Ausschank, in Freizeitheimen, bei der Gesundheitswoche, auf Tagungen, bei Gruppen... Man kann nicht die Welt bewegen, aber doch Denkanstöße geben.
Was heißt Frauenkultur?
Wir haben jedes Vierteljahr ein Treffen, da wird meist ein Vortrag gehalten über ein aktuelles oder Frauen- oder Umweltthema, was Frauen interessiert. Das muß nicht Alkohol sein. Und wir machen Fahrten und besichtigen Therapieeinrichtungen. Unseren nächsten Vortrag hält die Frauenforscherin Dr. Hannelore Cyrus.
Sie haben am Samstag die feministische Stadtrundfahrt mit Elisabeth Meyer-Renschhausen gemacht. Sind Sie Feministinnen?
Nein, unser Akzent liegt anders. Politisch treten wir nicht in Aktion, das macht dann der Bundesvorstand.
Wir haben aber den Druck des Buches von Frau Meyer-Renschhausen finanziell unterstützt. Und jetzt kommt eine Ausstellung zur Frauenbewegung im 19. Jahrhundert ins Staatsarchiv, zum Katalog steuern wir auch 2.000 Mark bei.
Das Ottilie-Hoffmann-Haus, benannt nach der Verbandsgründerin, das heutige 'Ambiente', konnten Sie nicht mehr halten?
Nein. Das war alles sehr veraltet. Wir haben keine Baugenehmigung für den Umbau bekommen, der wäre für den warmen Mittgastisch nötig gewesen. Wir mußten zuletzt jeden Monat 5.000 Mark zubuttern.
Kommen Sie bei den jungen Mädchen und Frauen an?
Die meisten von uns sind über vierzig, und die, die Zeit haben für Aktionen und Stände, sind oft im Ruhestand. Die jungen Menschen finden das oft ganz toll. Aber mitmachen und eintreten, das ist was anders. Und: Die Frauen haben ja heute eine Doppelrolle und wenig Zeit. Fragen: S.P.
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