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Archiv-Artikel

Fragwürdiger Schulzwang

Betr: „Behörde sucht noch 18 Kinder“, taz hamburg v. 14. 7.

So lange will ich dazu schon was sagen. Jetzt ist es ja eigentlich schon zu spät. Ich finde es ein Unding, dass bei uns der Schulzwang eingeführt wurde. Erstens ist es völlig unnötig, da bei alter Gesetzeslage die Verantwortlichen nur hätten etwas aktiv werden müssen, um Jessica zu retten. Zweitens habe ich schon die Schulpflicht immer als Zumutung, als Freiheitsberaubung und unnötige staatliche Gewaltausübung empfunden. Die meisten Eltern lassen ihre Kinder nicht verhungern. Den meisten Eltern sollte man zutrauen können, ihre Kinder zu lieben und das beste für sie zu wollen und zu tun. Was für eine Bildung ein Kind haben soll, sollten die Eltern bestimmen können. Staatliche Normierung der Bildung sieht nach toller Chance gerade für minder Bemittelte aus.

Aber man kann auch andere Lerninhalte für wichtiger halten, als sie laut Lehrplan vermittelt werden. In den USA kann man wenigstens zu Hause lernen und Prüfungen ablegen, statt zur Schule zu gehen. Schulzwang wird umso fragwürdiger in Zeiten, wo Schule dabei ist, immer schlechter zu werden. Kontrolle und Sanktionsdruck ermutigt nicht gerade zum Kinderkriegen und -großziehen. Positive Unterstützung wäre besser. In Zukunft bin ich also kriminell, wenn ich mit meinem viereinhalbjährigen Kind nicht vorstellig werde? Oh Graus. Wo sind wir gelandet?

Gerne soll man den Verbleib meines Kindes klären dürfen. Aber gleich die Wohnungstür eintreten? Im Übrigen schicke ich meine Kinder freiwillig zur Schule, weil ich finde, dass sie durchaus etwas davon haben. Man will ja auch nicht außen vor stehen ... Aber der Raum zur Freiwilligkeit wird immer enger. Ich fühle mich eingeengt. Ich will Freiheit. Und in Freiheit lernt es sich bekanntlich auch viel freudiger und besser. Und wer sagt, dass das nur in der Schule möglich ist? Staatliche Kontrolle der Erziehung kann gefährlich werden, das sollten wir nicht vergessen. Chancen für alle, na klar. Aber zum Glück zwingen? Anna Meyer