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Fortschritt bei Bezahl-PlattformFlattr offen für alle

Die geschlossene Beta-Phase ist vorbei: Nun kann jeder beim Mikro-Bezahldienst Flattr mitmachen. Vielleicht die beste Möglichkeit, im Internet Geld zu verdienen.

Neue Website und nun auch das Log In für jedermann. Bild: screenshot flattr.com

BERLIN taz | Flattr hat die geschlossene Testphase verlassen. Zwar ist das Logo immer noch mit dem Hinweis "beta" für Testphase versehen, seit heute kann sich aber jedermann bei der Website anmelden und mitmachen. Bislang brauchte man dafür eine Einladung von einem User, der schon bei Flattr registriert war. Auch die Homepage ist überarbeitet worden.

Bei Flattr handelt es sich um einen Mikro-Bezahldienst, der die Förderung von Urhebern im Netz zum Ziel hat. Das Modell von Flattr, das sich selbst "social micropayment system" nennt, beruht darauf, dass User, die einen Beitrag lesen, hören oder ansehen, am Ende einen kleinen Geldbetrag ihrer Wahl freiwillig dafür zahlen können. Manche reden auch von einer "Spende". Der Begriff ist aber irreführend, da man bei Flattr ausdrücklich Geld gibt für Dinge, die man auch genutzt hat, man also immer einen Gegenwert erhält.

Auch die taz macht bei Flattr mit. Im bislang letzten Abrechnungszeitraum im Juli hat die taz per Flattr 1.420 Euro eingenommen. Dabei haben unsere Leserinnen und Leser mehr als 5.500 Mal auf einen der Flattr-Buttons unter den Artikeln gedrückt und im Schnitt knapp 26 Cent pro Artikel ausgegeben. Andere Nutzer von Flattr sind zum Beispiel netzpolitik.org, Der Freitag, carta.info und viele Blogger.

So funktioniert Flattr

Um bei Flattr mitzumachen, muss man sich registrieren und einen größeren Geldbetrag an Flattr überweisen. Dann legt man fest, wie viel Geld man im Monat ausgeben will. Von nun an braucht man nichts anderes zu tun, als auf die Flattr-Buttons zu klicken (wie zum Beispiel unter diesem Artikel), falls einem ein Artikel gefallen hat. Flattr zählt, wie oft man geklickt hat und überweist am Monatsende, den monatlichen Betrag geteilt durch die Zahl der Klicks an jeden so bezahlten Urheber.

Hat man zum Beispiel 20€ pro Monat festgelegt, und 40 Artikel angeklickt, bekommt jeder Urheber 50 Cent überwiesen. Alle Urheber haben ebenfalls einen Flattr-Account. Dadurch können die Transaktionskosten auf 10 Prozent gehalten werden, die Flattr vom umgesetzten Geld einbehält. (Dazu muss man bedenken, dass auch Kosten für die große Überweisung an Flattr und das Abheben vom Flattr-Konto entstehen.) Alle, die bei Flattr registriert sind, können auch eigene Inhalte als Anbieter bei Flattr anmelden.

Würde man einen Urheber direkt per Bezahldienst a la PayPal oder Click&Buy bezahlen wollen, wären die Transaktionskosten angesichts dieser Centbeträge viel zu hoch.

"Wir freuen uns, dass es mit Flattr ein Tool gibt, mit dem wir für Onlineartikel Geld einnehmen können, ohne eine Bezahlschranke errichten zu müssen", resümiert taz-Onlinechef Matthias Urbach. "Falls einmal genug User mitmachen, könnten wir das bislang als unmöglich Geltende erreichen: Mit dem Verkauf von Content im Internet genug Geld verdienen und gleichzeitig ein offenes Internet erhalten."

Neben Flattr gibt es noch andere Bezahldienste mit ähnlichem Prinzip, etwa Kachingle.com. Diese Dienste werden bislang im deutschsprachigen Raum am besten angenommen. Mehr auch als etwa in den USA. Das könnte sich vielleicht noch ändern. Denn seit dem 1. August macht Wikileaks bei Flattr mit, was dem Dienst eine Menge Aufmerksamkeit in der englischsprachigen Welt bescheren dürfte.

Flattr selbst äußert sich bislang nicht zu seinem Wechsel in die offene Testphase. Der letzte Blogeintrag ist schon ein paar Tage alt.

Update 13.8.: Flattr hat sich inzwischen im Blog erklärt: Außer Homepage und Registrierung sind demnach noch ein paar andere Sachen neu, wie Facebook und Twitter Integration von Flattr und die Schnittstelle (die JavaScript-API) für die Flattr-Buttons.

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12 Kommentare

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  • MJ
    mo jour

    imBüro für besondere Maßnahmen nutze ich flattr seit dem sommer 2010, bisher nicht sonderlich erfolgreich. aber ich werde weiter mitmachen, weil es eine möglichkeit ist, die online-taz finanziell zu unterstützen. ein print-abo könnte ich mir derzeit nicht leisten. ich bin sehr sehr dankbar für das kostenlose internetangebot.

    das datenschutz-ding und die gebühren nehme ich "in kauf", bissi zähneknirschend.

  • KM
    kanalisations möglichkeiten

    jaja, das web 2.0 und seine kanalisationsmöglichkeiten. aber gibt ja nicht nur flattr, gibt ja auch anderes.

     

    soll ja leute geben, die hier und dort - per web 2.0. - bezahlt werden für ihr getippe, und zwar nicht spenden, sondern richtig job.

     

    ja, aber wenn man sich das mal so anschaut, weiß ja nicht.

     

    ob tomatenverkaufen auf dem gemüsemarkt am ende nicht doch wieder der "sicherste" zukunftsjob wird?

  • R
    Raimund

    Für Inhalte, die tatsächlich was wert sind, ist Flattr eine gute Bezahlform.

     

    Nur sollte man bedenken, dass z.B. Kreditkartenfirmen 3 bis 4 Prozent vom Anbieter einfordern. Und diese Firmen müssen eine weitaus größere Infrastruktur inklusive Kartenausgabe bereit stellen. Dies nur mal als Vergleich.

     

    Daher sind die einbehaltenen 10 Prozent sehr hoch und rein willkürlich angesetzt.

  • G
    Gringo

    Kritik, Relativation und Lob:

     

    10% ein zu behalten, finde ich für einen Online-Dienst auf den ersten Blick auch sehr viel. Werde mich mal informieren, ob es Stellungnahmen dazu gibt, wodurch das gerechtfertigt wird. Kosten werden für Flatr definitiv genug anfallen. Bleibt zu klären wie viel Umsatz dennoch über bleibt (besonders bei steigender Nutzerzahl und somit steigenden Beträgen). Vielleicht wird der Betrag auch noch nach unten angeglichen, wenn der Laden erstmal richtig läuft.

     

    Aber zum Vergleich: Ob Kirche, DRK, Miserio oder sonst wer, 5% bis 15% der erhaltenen Spenden werden als Verwaltungskosten Einbehalten. Das ist ganz normal.

    Wer seine Flatr-Beträge also als Spende versteht und den Flatr-Dienst als Mittelsmann für Spenden, sollte sich mit diesem Rahmen abfinden können.

    Wer Flatr als "Payment Processor" (wie zB. Paypal, Moneybrokers etc.) sieht, sieht bei genauerer Studie der Gebühren anderer Dienste einen ähnlichen Rahmen.

     

     

    Somit bleibt für mich die Auffassung, dass es sich hier um einen innovativen Dienst handelt, der die Netzkultur nachhaltig prägen könnte und durchaus eine Daseinsberechtigung (mit samt den Gebühren) hat.

     

    Lob auch an die gute alte Tante Taz, die dieser verrückten Idee der jungen Schweden eine Chance gegeben hat. Man muss neuen Problemen eben mit neuen Lösungen entgegen treten.

    Ich hoffe inständig, dass es sich einbürgert für einen guten Artikel ein paar Cent springen zu lassen.

     

    Cheers, Gringo

  • WB
    Was bei Flattr fehlt

    ist die Möglichkeit, den Leser mieser Artikel für die geraubte Zeit über einem weiteren Button direkt zu entschädigen.

  • M
    Mikw

    Mir fehlt die Information, das Flattr 10% an Gebühren einbehält (siehe Wikipedia: http://de.wikipedia.org/wiki/Flattr#Geb.C3.BChren). Ansonsten ist das ganze Modell natürlich fantastisch, aber 10% ist schon eine ganze Menge wenn man sich die Summe mal vorstellt.

     

    Unklar ist auch, ob diese Gebühr nach der Betaphase fortbesteht oder nicht. Aber das Betaphasen durchaus ein paar Jahre dauern können zeigt Google.

     

    ***Anm. der Redaktion: Das mit dem 10% steht im Kasten zum Text. Aber vielleicht kommt es nicht genug raus, wir präzisieren die Formulierung gleich noch mal...

  • S
    Stefan

    Ich möchte an dieser Stelle ein ganz dickes Lob an die Taz-Onlineredaktion für das Erkennen des Potentials von Flattr aussprechen!

  • M
    Matthias

    Mittlerweile ist es auch auf dem Flattr-Blog offiziell.

  • N
    N.N.

    Ein Absatz zum Thema Datenschutz wäre hier vielleicht

    angebracht, aber das könnte ja den Erfolg von flatr

    schmälern:

     

    Jeder Nutzer muss ein Cookie von Flatr akzeptieren, womit

    die Entscheidung für eine Unterstüzung zugeordnet werden

    kann - alternativ jedes Mal eine Anmeldung. Weder der

    Kunde (hier: die Taz) noch der Unterstützer (Leser mit

    Flatr Account) hat je einen Anspruch darauf, dass die durch

    ihn erzeugten Daten - bei den Lesern sind das aussagekräftige Profile - gelöscht werden.

    Die erhobenen Daten unterliegen auch NICHT dem vergleichsweise strengem deutschen Datenschutzgesetz.

     

    So positiv der Ansatz ist, hat er doch fragwürdige Nebenbedingungen, die wohl nur von Einkaufspunkte-Sammlern

    akzeptiert werden.

  • F
    Fotograf

    Gratulation zu den Flattr Einnahmen im Juli (Tendenz stark steigend), das macht schon fast eine halbe Stelle in Eurer Redaktion. Hoffentlich ermöglicht Euch das endlich zunehmend auch Autorenfotos einzukaufen, statt der üblichen Agentur Bilder ...

  • PE
    Pope Epopt

    Also - 10% Transaktionskosten - daß ist nicht so slecht. Ich war bevor unsicher. Es scheint mir dass Flattr ideal für (wie ich) die Ausland und Gelegentlicherlesershaft bin.

     

    Ich werde Flattr anmelden und benutzen, Taz zu unterstützen.

  • M
    Müller-Schmidt

    Vielleicht die beste Möglichkeit, im Internet Geld zu verdienen. Ja. Vielleicht. Vielleicht auch nicht. Vor allem stellt sich aber die Frage, wer wirklich damit Geld verdient. Denn wenn das System läuft, profitiert nur einer: Flattr. Niemand stellt eine Spendendose auf und zahlt freiwillig 10% an den Hersteller der Büchse. Aber im Internet, da geht das, denn Flattr-Nutzer sind die, die niemals wirklich spenden würden. Sonst bräuchten sie Flattr schließlich nicht. Und wenn niemand mir für meine "ehrenamtliche" Tätigkeit Geld überweisen will - dann ist ihm die Arbeit eigentlich auch gar nichts wert. Hauptsache das Gewissen ist erleichert. Armes Internet, die guten Tage sind längst vorbei, dafür brauchte es nichtmal Ursula.