Forschungsreaktor: Strahlende Zukunft ungewiss
Das Abgeordnetenhaus fordert die ergebnisoffene Überprüfung des Reaktors in Wannsee. Das Wiederanfahren war für den Sommer geplant. Die Prüfkriterien bleiben im Dunkeln.
Es sind nur vier Worte, doch sie könnten entscheidend sein für die Zukunft des Forschungs-Atomreaktors in Wannsee: "Die Prüfung ist ergebnisoffen", heißt es in einer Mitteilung der Senatsverwaltung für Umwelt vom Ende vergangener Woche. Bei der Umweltverwaltung liegt auch die Atomaufsicht und damit die Aufsicht über den von der Helmholtz-Gesellschaft betriebenen Forschungsreaktor. Die Kriterien der Prüfung bleiben allerdings im Dunkeln.
Die Sonderüberprüfung läuft bereits seit April. Hintergrund ist die Reaktorkatatrophe im japanischen Fukushima im März, nach der alle Atomkraftwerke einer Überprüfung unterzogen werden sollten. Anfangs war unklar, ob dies für Forschungsreaktoren gilt. Die Anlage in Wannsee ist im Vergleich zu Atomkraftwerken, die Strom erzeugen, klein: Zehn Megawatt Leistung hat der Reaktor, ein AKW bringt es auf 300 bis 400 Mal so viel. Rund sieben Kilo Uran hängen in dem Becken. Bei der Spaltung der Urankerne werden Neutronen freigesetzt, die Wissenschaftler für ihre Experimente nutzen.
Doch im Vergleich zu Kraftwerken ist der Forschungsreaktor auch deutlich schlechter gesichert: So besteht die Decke der Halle, in der sich der Reaktor befindet, lediglich aus Ytong, einem leichten Baustoff, der auch in der bildenden Kunst eingesetzt wird. Ein "Containment" - also einen Betonmantel als zusätzliche Hülle - gibt es nicht. Die Anlage war daher vor allem im Zusammenhang mit den An- und Abflugrouten für den künftigen Flughafen BBI in die Diskussion geraten. Einige Routen könnten über das Helmholtz-Zentrum in Wannsee führen.
Der Diskussion kam zugute, dass die Anlage seit Oktober vergangenen Jahres wegen geplanter Umbauarbeiten nicht in Betrieb ist. Im Juni oder Juli sollte sie ursprünglich wieder angefahren werden - das ist nun offen. Denn auch das Abgeordnetenhaus hat in seiner letzten Sitzung vor der Sommerpause in der vergangenen Woche einen Beschluss verabschiedet, in dem der Senat aufgefordert wird, die Überprüfung "ergebnisoffen" durchzuführen.
Auch wenn eine Sprecherin der Senatsumweltverwaltung schon im April eine ergebnisoffene Überprüfung ankündigt hatte - auf dem Papier klang das noch anders. "Um ein Wiederanfahren der Anlage zu untersagen, müssten juristisch haltbare Versagungsgründe erkannt werden", erklärte die Umweltverwaltung damals. Ansonsten drohten dem Land Forderungen auf Schadensersatz. Es sei ja nicht so, dass man da eine unsichere Anlage vor der Tür stehen habe, sagte eine Sprecherin. Der Forschungsreaktor entspreche allen technischen und gesetzlichen Vorschriften.
Bis zum Ende des Monats haben die Anlagen-Betreiber laut Umweltverwaltung Zeit, auf den Fragenkatalog zu reagieren. Der Prüfungskatalog werde so angewandt, "wie er für Forschungsreaktoren sinnvoll ist", sagte Umweltsenatorin Katrin Lompscher (Linkspartei) im Umweltausschuss. Doch was genau bei der Überprüfung gemacht wird, ist nicht bekannt. Im Ausschuss sagte Lompscher, dass der Prüfungskatalog des Bundes vertraulich übermittelt worden sei.
Klar ist nur: Die Gutachter kommen vom TÜV Rheinland - und haben wohl den Reaktor zumindest teilweise schon bei früheren Überprüfungen untersucht. Die Gutachter müssten die Anlage kennen, und da gebe es eben nicht so viele, begründete Senatorin Lompscher im Ausschuss. Die Grünen fordern nun, auch atomkritische Wissenschaftler einzubeziehen und das Prüfungsverfahren transparent zu machen.
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