Forsa-Institut widerspricht Ebert-Stiftung: Deutsche sind doch Demokratie-Fans
Die Bundesbürger sind überzeugt von ihrer Staatsform, so eine Forsa-Umfrage. Die Ebert-Stiftung hatte im Juni mit dem gegenteiligen Ergebnis für Aufsehen gesorgt.
BERLIN taz Die Deutschen sind überzeugte Demokraten, aber mit der politischen Realität in der Bundesrepublik unzufrieden. Das ist das Ergebnis einer Befragung des Meinungsforschungsinstituts Forsa und der Freien Universität Berlin bei rund 6.000 Bürgern ab 14 Jahren.
Mehr als neun von zehn Deutschen befürworten die Idee der Demokratie als Staatsform (92 Prozent). Doch mehr als jeder zweite (54 Prozent) äußert Unmut über die politische Wirklichkeit in Deutschland.
Das Resultat steht im Widerspruch zu einer Studie, die im Juni für Aufsehen sorgte. In der Untersuchung des Instituts Polis/Sinus für die Friedrich-Ebert-Stiftung hieß es, jeder dritte Deutsche glaube nicht mehr daran, dass die Demokratie noch die Probleme lösen könne. "Wir halten das für eine gefährlich verkürzte Aussage", kritisierte Forsa-Chef Manfred Güllner am Donnerstag in Berlin. Die Untersuchung sei zu undifferenziert durchgeführt worden.
Frank Karl, Leiter der Studie der Ebert-Stiftung, konterte auf taz-Anfrage: "Das ist Unfug. Wenn die unsere Studie genau gelesen hätten, hätten die festgestellt, dass vergleichbare Fragenkomplexe behandelt wurden." Karl bemängelt im Gegenzug, dass Forsa telefonisch und nicht Vis-à-vis befragt habe: "Bei so differenzierten Fragestellungen geht das nur Face-to-Face. Das sieht auch die Mehrheit in der Wissenschaft so."
Forsa nahm bei seiner Erhebung eine Unterscheidung vor, die Polis/Sinus angeblich vernachlässigt habe: Das Institut differenziert zwischen der Meinung der Befragten zur Idee der Demokratie im Allgemeinen, zu der im deutschen Grundgesetz festgelegten Form der Demokratie und zum Funktionieren der politischen Praxis. Es zeigte sich, dass sich zwar 92 Prozent für die demokratische Staatsform aussprachen, aber ein Viertel der Befragten gegen die im Grundgesetz festgelegte Form. Nur 45 Prozent finden das tatsächliche Funktionieren der Demokratie in Deutschland in Ordnung. In Westdeutschland werden sowohl die Staatsform Demokratie als auch die verfassungsmäßige Ausgestaltung und die Umsetzung stärker befürwortet als im Osten. Eine Frage blieb bei der Untersuchung allerdings aus: Für die Ursache des Unmuts interessierten sich die Interviewer nicht.
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