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Archiv-Artikel

Folter bleibt Folter

Wenn die Auswahl der Leserbriefe auf die Zusammensetzung der Zuschriften schließen lässt, kann einem ja nur Angst und Bange werden. Besonders die Zuschrift, in der der Autor aufgefordert wird, sich in die Rolle des Vaters eines entführten Kindes zu versetzen, als ein solcher Folter zu billigen und gleichzeitig die Folterung in irakischen Gefängnissen und auf Guantánomo Bay abzulehnen ist kaum mehr als das Zeugnis fehlgeleiteter moralischer Vorstellungen.

1. Es macht nur Sinn, die Folterungen der Amerikaner und die Folterandrohung durch Daschner gleichzeitig abzulehnen. Folter bleibt Folter. Egal wer sie wann aus welchem Grunde vornimmt. Wer Moral selektiv anwendet, macht sich unglaubwürdig.

2. Das Bild von Vater und Kind führt höchstens dann zum richtigen Schluss, wenn man man es richtig verwendet. Das Recht – mithin auch das Recht auf Menschenwürde – ist ein Kind des Staates. Und dieses Kind muss die Polizei als Teil des Staates verteidigen, und zwar mit Zähnen und Klauen.

3. Was aus individueller Sicht entschuldbar oder gar geboten sein kann, muss aus kollektiver Sicht nicht zwingend wünschenswert sein: Wenn ein Vater eines entführten Kindes Körperverletzung an einem (vermeintlichen) Entführer begeht, um das Kind zu retten, ist das zunächst einmal eine Straftat und muss verfolgt werden. Wenn der Staat einen Entführer zum Zwecke der Aussageerpressung foltert, ist dies schlicht inakzeptabel. KNUT WENZIG, Augsburg