Fluglärm: Tempelhof erregt Pankow
Das Volksbegehren für den Flughafen Tempelhof verunsichert die Anwohner des Flughafens in Tegel. Denn die fürchten um ihre lang ersehnte Ruhe.
Eigentlich ist es beschlossene Sache. Nicht nur das Flughafenfossil in Tempelhof soll geschlossen werden. Auch der Flughafen Tegel soll stillgelegt werden - im Jahr 2011. Denn der Berliner Luftverkehr soll in Schönefeld konzentriert werden, auf dem dann fertig ausgebauten Superairport Berlin-Brandenburg International. Und die Pankower könnten sich endlich die Watte aus den Ohren pulen.
Noch aber liegt der Bezirk mitten in der Einflugschneise für Tegel, jeden Tag donnern zirka 350 Flugzeuge über die Anwohner hinweg. Und seit die Interessengemeinschaft City Airport Tempelhof (Icat) einen Volksentscheid über die Offenhaltung des Flughafens Tempelhof durchgesetzt hat, geht die Angst um in Pankow: Könnte sich so ein Beschluss auch auf das Lärmschicksal der Pankower auswirken?
Die seit Jahren aktive Bürgerinitiative Pankow ohne Fluglärm hat am Donnerstagabend Vertreter von CDU, SPD und Icat ins Pankower Rathaus geholt.
Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) betont die dramatischen Folgen, die die Offenhaltung Tempelhofs für Pankow haben könnte. "Was heute für Tempelhof beschlossen wird, gilt morgen auch für Tegel", menetekelt sie. Innerstädtische Flughäfen seien "nicht mehr zeitgemäß" und "mit großen Risiken verbunden". Das Wort "Absturz" nimmt sie nicht in den Mund, aber an der Anspannung im Publikum sieht man: Junge-Reyer trifft eine reale Angst der Pankower.
Icat-Vorstand Dieter Schlobach gibt sich weniger Mühe, seine Agenda zu verbergen. Er versucht mit anderen Ängsten zu spielen. Wenigstens Tempelhof müsse offen bleiben, "Berlin wäre sonst das einzige Bundesland ohne Flughafen!" Doch dafür erntet er nur Gelächter im Saal.
Der Pankower CDU-Abgeordnete Rene Stadtkewitz eilt ihm zu Hilfe: Der in Schönefeld geplante Airport werde schon zur geplanten Eröffnung 2011 aus allen Nähten platzen. "Dann wird man einen innerstädtischen Flughafen sowieso brauchen." Deshalb: Wer Tegel zumachen will, sollte mal schön froh sein, wenn sich Tempelhof als Retter in der Not anbietet.
Der SPD-Abgeordnete Torsten Schneider und die Senatorin sind sich in utilitaristischer Manier einig: "Die wirtschaftliche Zukunft der Region liegt im BBI, das darf man nicht den Interessen einiger weniger unterordnen". Aber welche Konzepte hat es für die riesigen Flächen, die frei werden, wenn Tempelhof und Tegel stillgelegt werden? Da hapert es mit der Schlagfertigkeit bei den Genossen: Junge-Reyer beschränkt sich auf diffuse Visionen von einem Central Park für Berlin, wo "ganz neue Formen des Miteinanderlebens" möglich sein sollen. Schneider beantwortet die Frage gar nicht.
Was war das jetzt, Wahlkampf oder Infoveranstaltung? Claudia Neubert von den Pankower Fluglärmgegnern ist ganz zufrieden: "Durch diese Icat-Kampagne verschiebt sich die Wahrnehmung so enorm." Es sei ihr wichtig gewesen, alle Argumente noch einmal zusammenzutragen. Für Pankow.
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