: Fluch über Marzahn
betr.: „Auch leere Häuser kosten“, taz vom 13. 10. 03
Marzahn klebt irgendwie der Fluch des (Ostberliner) Erstgeborenen an der Sohle. Plattenbauten in Berlin heißt Marzahn. Das ist so viel Klischee, dass es sogar für Sat.1-Eigenproduktionen herhalten musste („Mandarine von Marzahn“, die allerdings zu großen Teilen auf dem Gelände eines ehemaligen Ausländerwohnheims in Lichtenberg gedreht wurde).
Die Probleme mit der Platte gibt es auch in Hellersdorf oder Hohenschönhausen. Teilweise sind die Probleme der Wohnungsgesellschaften hausgemacht. Auf ihrer Suche nach Mietern wird alles in die Häuser geholt, was nur ansatzweise Miete zahlt oder zahlen lässt. Entsprechende Konflikte zwischen den sozialen Schichten oder neuen/alten Mietern sind programmiert. Vielleicht sind es auch die Mieten, die der Lebensqualität nicht angemessen sind.
Erschwerend für Marzahn kommt hinzu: Wo in den anderen Plattenbezirken Konsumtempel das kommerzielle Zentrum bilden, hat es Marzahn bisher nicht zu einem solchen gebracht. Stattdessen wurden Ladenstraßen „saniert“, die sich der Normal-Ossi als Ich-AG-Einzelhändler kaum dauerhaft leisten kann. Einen Vorteil hat die starke Fluktuation: Es gibt jedes Vierteljahr eine neue Überraschung, wer jetzt sein Glück versucht. Doch das reicht offensichtlich nicht aus, Bewohner in Marzahn & Co. dauerhaft zu halten. Sicherlich ist das Abreißen und Verkleinern des Wohnungsbestandes ein probates Mittel. Es muss auch ein attraktiveres Umfeld her … im „Altbau“ nennt man das wohl Kiez.
RONALD PUHLE, Marzahn