Finanzloch: Sozialbehörde will mehr Geld

Weil die Maßnahmen seiner Behörde mehr kosten als erwartet, braucht Sozialsenator Dietrich Wersich zusätzlich 70,7 Millionen Euro.

Teurer Einzelfall: Um Kindern armer Familien zu helfen, fehlen der Sozialbehörde rund 27 Millionen Euro. Bild: dpa

Über einen von der Sozialbehörde geforderten Betrag in Höhe von 70,7 Millionen debattiert der Senat am heutigen Dienstag. "Die anhaltend hohe Aufmerksamkeit in Fragen des Kinderschutzes, insbesondere nach dem Fall ,Lara' im März dieses Jahres hat zu einem erhöhten Bedarf bei den Familien unterstützenden Hilfen geführt", heißt es in einer Drucksache der Behörde.

Der Tod der unterernährten Lara aus Wilhelmsburg im März 2009 hatte eine Debatte über die staatliche Betreuung junger Familien und deren fachliche Standards ausgelöst. Am Montag erhob die Staatsanwaltschaft Hamburg Anklage gegen die Mutter Jessica R. und ihren Lebensgefährten. Eine Anklage gegen die vom Amt bestellte Betreuerin soll folgen.

Der hohe Bedarf an Familienhilfe ist ein Schwerpunkt der von Sozialsenator Dietrich Wersich (CDU) vorgelegten Drucksache. Darin meldet der Senator einen Mehrbedarf von 70,7 Millionen Euro an. Rund 27,5 Millionen Euro sollen in den Bereich der einzelfallfinanzierten Hilfe fließen.

"Die Drucksache zeigt, dass sich Senator Wersich gehörig verspekuliert hat", sagt die SPD-Abgeordnete Carola Veit. Bereits am 13. August hatte sie sich in einer schriftlichen Anfrage nach den aktuellen Entwicklungen der Steuerungsmaßnahmen und Fallzahlen erkundigt. Der Senat antwortete, dass es im Jahr durchschnittlich 1.685 Fälle bei der Hilfe zur Erziehung gibt. Für Veit ist das zu hoch. Bei allen Leistungsarten seien die Kosten je Fall und Monat gestiegen. "Dies, obwohl der Senator angekündigt hatte, Hilfedauern und intensitäten verkürzen zu wollen", sagt die Abgeordnete. Auch andere geplante Maßnahmen seien noch nicht umgesetzt worden.

Weitere 24,1 Millionen Euro fordert die Sozialbehörde für die Ausgaben für Kindertagesbetreuungen. Laut Drucksache ist der Ansturm auf die Hort- und Krippenbetreuung mit 64.893 Kindern unerwartet groß. Das seien im Jahresdurchschnitt 2.892 Kinder mehr, als der Haushaltsplan 2009 berücksichtige.

Michael Krebs, Regionalleiter der Kindertagesstätten bestätigt: "In den letzten Monaten gab es starke Nachfragen. Das ist auch nicht verwunderlich." Es gebe schließlich einen Rechtsanspruch auf Plätze im Elementar- und Hortbereich für Kinder von berufstätige Eltern, sagt Krebs. Auch die Entwicklung der Erwerbstätigenzahl ist im ersten Quartal 2009 im Vergleich zum Vorjahr um 1,6 Prozent gestiegen. Immer mehr Eltern lassen ihre Kinder ganztags betreuen.

Im Bereich Sozialhilfe, zu dem auch Eingliederungshilfen und Hilfen zur Pflege zählen, sinkt die Nachforderung der Sozialbehörde hingegen von 31,9 Millionen Euro auf 17,6 Millionen Euro. Die Differenz wolle die Behörde selbst aufbringen.

Der Topf "Rückstellung für Mehraufwendungen" wolle man für den Mehrbedarf verwenden. Und das, obwohl die Stadt momentan nach Einsparmöglichkeiten sucht. Bis 2012 fehlen dem Haushalt bis zu fünf Milliarden Euro. Jasmin Eisenhut, Sprecherin der Sozialbehörde wollte sich zu der Drucksache nicht äußern: "Solange der Senat nichts beschlossen hat, können wir auch keine neuen Informationen weitergeben."

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