Finanzen: Landesbank will Kleinaktionäre loswerden
Wird die erste Hauptversammlung nach dem Verkauf die letzte? Der neue Eigentümer will den Streubesitz einsammeln. Aber die Kleinaktionäre sperren sich.
Das "Haupt" im Namen täuscht über die wirklichen Machtverhältnisse hinweg: "Wenn die Landesbank Berlin Holding ein Hund ist, dann sind wir vielleicht ein Haar im Fell des Hundes", meint der Herr mit der wallenden Mähne. Er ist einer von 1.100 Kleinanlegern, die zur Hauptversammlung der Landesbank Berlin ins ICC gekommen sind. In seinem Stimmkartenblock steht die Zahl 60. 60 von einer Milliarde Landesbankaktien sind sein. Alle Kleinaktionäre zusammen haben 8 Prozent der Aktien. Sie alle halten Ausschau nach den restlichen 92 Prozent - wer im Saale ist der Hund? Und was hat er mit der Bank vor?
Es ist die erste Hauptversammlung nach dem Verkauf der Landesbank an den Deutschen Sparkassen- und Giroverband. Der Verband und die darin zusammengeschlossen Sparkassen haben die Bankgesellschaft inklusive der Berliner Sparkasse im Juni für 5,3 Milliarden Euro vom Land Berlin gekauft. Der Verkauf war der letzte Akt in einer Kette von Auflagen, die die EU dem Land Berlin aufbrummte, als sie ihm 2001 erlaubte, die Bank vor dem Ruin zu retten.
Inzwischen geht es der LBB Holding, wie sich die Landesbank inzwischen nennt, wieder gut. Sehr gut sogar, wie der Vorstandsvorsitzende Hans-Jörg Vetter ausführt. Mehrmals fallen die Worte "Schlagkraft" und "Strahlkraft". Die Landesbank sei auf gutem Kurs, sagt Vetter. Auch weil man sich aus riskanten US-Hypothekengeschäften rausgehalten habe. Damit ist die Landesbank Sachsen ins Schlingern geraten. Vetter hält dagegen an der Geschäftsprognose fest: Über 280 Millionen Euro Gewinn will die Landesbank Berlin Holding in diesem Jahr erwirtschaften, und das "ohne unseriöse Wachstumssprünge".
Die Jacketts der nächsten Redner sind knittriger, die Worte weniger geschliffen. Warum der neue Eigentümer sich nicht blicken lasse, wollen die Anleger wissen. Weshalb der Vorstand ihnen empfehle, ihre Aktien zu verkaufen, wenn es der Bank doch so gut ginge? Alle Aktionäre haben das Angebot erhalten, ihre Aktien zu 6,81 Euro das Stück an den Haupteigentümer zu verkaufen. Offensichtlich will der DSGV die Zwitterexistenz der Bank als börsennotiertes und öffentlich rechtliches Unternehmen beenden.
Doch den Aktionären, die ihrer Bank auch in Zeiten die Treue hielten, als ihre Aktien gar nichts wert waren, ist das zu wenig. "Wenns ganz schlimm kommt, lass ick mich zwangsabfinden, aber verkoofen tu ick nich", meint einer. Das rät auch die Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK): "Auf keinen Fall verkaufen, der Laden brummt", meint Lars Labryga vom SdK.
Irgendwann wird die bedrohte Spezies "Kleinanleger" aber vermutlich auch bei der LBB Holding aussterben. Wenn der Hauptaktionär 95 Prozent der Anteile hält, kann er die restlichen Aktionäre zum Verkauf zwingen. Mit diesem sogenannten Squeeze-out-Verfahren hat auch der schwedische Staatskonzern Vattenfall den Kleinanlegern und ihren Hauptversammlungen den Garaus gemacht.
Bis es bei der Landesbank Holding so weit ist, kann es nach Ansicht von Labryga noch einige Zeit dauern. Vielleicht geht es aber auch schneller. Viele Anleger sind verbittert über die geringe Dividende, die die Bank in diesem Jahr ausschüttet: 6 Cent pro Aktie. "Lächerlich", schimpfen die Redner. Doch der Vorschlag über die Gewinnverwendung wird mit 99,93 Prozent angenommen. Die Haare haben den Hund gekitzelt, doch der hat nicht mal geniest.
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