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■ Filmstarts à la carteDer Bonvivant als Regisseur

Als charmanter Bonvivant in deutschen und österreichischen Operettenfilmen ist er dem Publikum in Erinnerung geblieben, doch seine wahre Berufung fand Willi Forst erst in der Filmregie. Wiener Charme und hohe Musikalität zeichneten Forsts Filme aus; so auch seine zweite Regiearbeit „Maskerade“ aus dem Jahr 1934. Hier lebt das Wien der Kaiserzeit wieder auf: mit rauschenden Bällen und Festen, mit raschelnden Röcken und einem Leben im Dreivierteltakt. Wie so oft erzählt Forst eine Künstlergeschichte: Der komplizierte Plot der Verwechslungskomödie kreist um die Abenteuer eines Malers, die eigentliche Hauptrolle bleibt jedoch der Musik vorbehalten. Die reicht vom Erhabenen bis zum Profanen: Eben noch läßt der Hofkapellmeister ein Werk von Bach intonieren, da erfolgt auch schon der Umschnitt auf ein verräuchertes Cabaret, in dem sich die einfachen Leute amüsieren und die Lieder der vortragenden Künstler mitgrölen.

Einmal will der Maler für eine Ausrede einen Namen erfinden, doch fällt ihm so schnell nichts ein. Da gerät eine Partitur in sein Blickfeld; so kommt ein Fräulein Dur ins Spiel. Am Schluß des Films wird ein Chirurg mitten aus einem Caruso-Abend zu einem Verletzten gerufen: Dramatische Musik begleitet die lebensbedrohliche Situation, von der gelungenen Operation wird leichtere Muse künden.

Gezeigt wird „Maskerade“ aus Anlaß des neunzigsten Geburtstags von Paula Wessely, die als Fräulein Dur ihren mädchenhaften Charme versprüht. Besonders bewegend ist eine Szene, in der sie beschwipst und liebestrunken nach Hause kommt, ein Lied aus dem Cabaret trällernd, in dem sie mit dem Maler (gewohnt elegant: Adolf Wohlbrück) den Abend verbracht hat. Sie hofft, ihn wiederzusehen, doch ein Blick in den Spiegel nährt ihre Selbstzweifel. Plötzlich kann sie sich gar nicht mehr vorstellen, daß ein so weltgewandter Mann sich in ein einfaches Mädchen verliebt haben könnte.

Deprimiert geht sie ab, hinter ihr schließt sich die Tür. Fast schon glaubt man an ein trauriges Ende der zunächst so beschwingten Szene, da öffnet sich die Tür wieder, und ein erneuter Blick in den Spiegel belehrt Fräulein Dur eines Besseren.

Im Zeichen der Retrospektive der Filme des spanischen Surrealisten Luis Buñuel steht das Programm des Lichtblick-Kinos noch bis Mitte Februar. Erotische Obsessionen, die Heuchelei der Kirche, die Demaskierung der Bourgeoisie – das waren, oft verpackt in schwarzem Humor, die immer wiederkehrenden Themen der Werke Buñuels, von „Der andalusische Hund“ (1928) bis zum fast 50 Jahre später entstandenen „Dieses obskure Objekt der Begierde“.

Auch „Viridiana“ (1961) ist von Buñuels Leitmotiven geprägt: Ein Großgrundbesitzer ergeht sich in gewissen nekrophilen Anwandlungen, doch die Nichte, die er seiner verstorbenen Frau angleichen möchte, ist Klosternovizin und weist seinen Antrag empört zurück. Nach dem Selbstmord des Onkels richtet sie auf dem Gut ein Armenasyl ein, muß jedoch bald erkennen, daß auch ihre Mildtätigkeit die Welt nicht verändert. Die Bettler nutzen die Gelegenheit, um eine wüste Orgie zu feiern; mit bösem Witz inszeniert Buñuel sie wie Jesus und seine Jünger auf Leonardos berühmtem „Abendmahl“-Gemälde. Am Schluß sieht man die derangierte Viridiana zu Rock'n' Roll- Klängen beim Kartenspiel: die „Heilige“ ist auf den Boden der Tatsachen zurückgekehrt.

Lars Penning

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