Film um Berliner Hausbesetzer-Szene: Gar nicht lange her - doch so weit weg
"Die Ex bin ich" (Mo., 0.30 Uhr, ZDF) widmet sich der Hausbesetzer-Szene im Berlin der Neunziger. Es geht um vergessene Ideale und die eigene Identität.
Ab und an ist mal zu sehen, wie ein paar Geldscheine den Besitzer wechseln. D-Mark-Scheine. Die Szenerie ist also nicht richtig historisch, aber trotzdem aus einer Zeit, die so nicht mehr ist, die 90er eben. Es gibt dann in "Die Ex bin ich" von Regisseurin Katrin Rothe immer mal wieder diesen Aha-Effekt: Ach ja, so war das damals, ach ja, das ist ja gar nicht so lange her.
Es geht um Hausbesetzer. Bert kommt kurz nach dem Mauerfall aus Hildesheim nach Ostberlin, wohnt dort illegal mit neuen Freunden aus dem Osten in einem zerfallenen Altbau. Die Zeiten sind so, eine staatliche Gewalt gibt es gerade nicht, freien Wohnraum umso mehr. Später, als die Ordnung wiederhergestellt ist, prügelt sich Bert mit der Polizei, er kommt vor Gericht und schließlich ins Gefängnis.
Als er entlassen wird, ist vieles wie früher, doch irgendwie auch nicht. Berts Freunde haben sich mit der neuen staatlichen Gewalt geeinigt und sind legale Bewohner der Häuser geworden, mietfrei dürfen sie wohnen, wenn sie selbst mit Hand anlegen bei der Sanierung. Aus Hausbesetzern sind Hausmeister geworden, so jedenfalls sieht es Bert.
Nun dreht sich bei "Die Ex bin ich" zwar alles um Bert, doch der ist da schon tot. Er bringt sich gleich in der ersten Szene des Films um und erzählt seine Geschichte - als Zeichentrickfigur. Parallel versuchen drei Exfreundinnen Berts, seinen Tod zu meistern: Die genauso unsichere wie aufbrausende Anne (Maria Kwiatkowsky), die Bert wohl am nächsten stand, will sich nicht so recht entscheiden, ob sie sich in ihrem Irgendwie-Punk-Leben einrichtet oder doch noch neu anfängt. Sandra (Frederike Kempter), die Jura studiert und nicht dran denkt, sich dafür rechtfertigen zu müssen. Und Brit, die sich als Kneipenbesitzerin durchs Leben wurschtelt.
Von dem spannungsgeladenen Zusammenspiel der Schauspielerinnen geht eine gewisse Beklemmung beim Zuschauen aus. Vor allem Anne und Brit verkörpern Lebensmodelle, die nicht mehr so recht in die nahenden neuen Zeiten passen werden, und sie ahnen das. Wie überhaupt alle Szenen in diesem Film den Hauch des Melancholischen tragen.
Dass Bert im Film nur als Comic-Strip vorkommt, macht "Die Ex bin ich" erst recht außergewöhnlich . Vielleicht war es für Regisseurin Katrin Rothe schlicht die billigste Möglichkeit, zum Beispiel tränengasreiche Straßenschlachten einigermaßen effektvoll auf den Bildschirm zu bringen.
Aber egal, ob hier aus der Not eine Tugend gemacht wurde - es wirkt. Die Szenen sitzen und machen ganz nebenbei deutlich, worum es geht: um Menschen, die alle auf ihre Art mit der Realität hadern. Und Bert haderte derart, dass sein Leben im Nachhinein am besten als Trickfilm erzählt ist.
Katrin Rothe, die auch das Drehbuch schrieb, widmet sich verlorenen Idealen - einer Subkultur, die es so wohl nur in Berlin der Wendejahre gab - und rechnet mit der Yuppisierung der Stadt ab. Das alles tut der Film leise, subtil. Gerade deshalb ist es schade, dass ihn das ZDF nachts um halb eins zeigt. Er hätte einen besseren Platz verdient.
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