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Archiv-Artikel

Fehlstart des UN-Sekretärs KOMMENTAR VON BERND PICKERT

Gleich am ersten Tag seiner Amtszeit hat sich der neue UN-Generalsekretär Ban Ki Moon einen gehörigen Fauxpas geleistet. Zur Hinrichtung Saddam Husseins im Irak fiel dem Südkoreaner nichts anderes ein, als an die Taten des Diktators zu erinnern und anzumerken, über die Frage der Todesstrafe müsse jedes Land selbst entscheiden. Das entspricht zwar der Rechtslage und mag Ban Ki Moons Meinung sein – die Haltung der mit dieser Frage beschäftigten UN-Institutionen aber ist es zum Glück nicht.

Seit 1994 hat sich die UN-Menschenrechtskommission auf Antrag der Europäischen Union stets gegen die Todesstrafe ausgesprochen und zu ihrer weltweiten Abschaffung aufgerufen. Noch am Tag der Hinrichtung Saddam Husseins hat der höchste UN-Repräsentant im Irak, der Pakistaner Ashraf Qazi, an die prinzipielle Gegnerschaft der Vereinten Nationen zur Todesstrafe erinnert. Und zwei Tage zuvor hatte der UN-Sonderberichterstatter über die Unabhängigkeit von Richtern und Anwälten an die zahlreichen Mängel und Verfahrensfehler im Saddam-Prozess erinnert. Mit scharfen Worten verurteilte Leandro Despouy, dass die Berufung abgelehnt worden war, und forderte die irakische Regierung auf, von der Hinrichtung abzusehen.

Nichts von alledem findet sich im Statement des neuen Generalsekretärs an seinem ersten Arbeitstag. Was für ein Fehlstart! Egal, ob die Äußerung lediglich eine unbedachte Dummheit war, ob sie seiner Meinung entspricht oder Ban Ki Moon den USA einen Gefallen tun wollte, deren Präsident Bush die Hinrichtung Saddam Husseins als „Meilenstein auf dem Weg zur Demokratie“ gefeiert hatte – die dürren Sätze Ban Ki Moons lassen für die Nachfolge Kofi Annans Schlimmes befürchten.

Es war eine von Annans Stärken, auch unabhängig von der realpolitischen Durchsetzungsfähigkeit auf Prinzipien zu bestehen. Darauf basiert ein Großteil des Vertrauens, das sich die UNO trotz all ihrer organisatorischen Schwächen und Fehlleistungen in den letzten Jahren erworben hat. Ein Generalsekretär, der einfach irgendetwas daherredet – noch dazu bei einem essenziellen Thema wie der Todesstrafe – wäre eine schreckliche Aussicht.

ausland SEITE 9