FÜR EINE RADIKALE KONSOLIDIERUNG DER HAUSHALTE IST DER OSTEN ZU ARM : Es bleibt beim Prinzip Hoffnung
Das Bedürfnis der ostdeutschen Ministerpräsidenten, die Solidarpakt-II-Zusagen gesetzlich zu fixieren, ist verständlich. Es geht dabei nicht nur um kalkulierbare Größen bei der Haushaltsplanung der Länder und Kommunen. Auch psychologisch hätten Kürzungsabsichten verheerende Folgen. Ossi Normalverbraucher ahnt, wie sehr er am Tropf hängt, und reagiert allergisch. Dass die Zuschüsse für den Aufbau Ost schon in zwei Jahren planmäßig zu sinken beginnen, ist in den meisten Köpfen noch gar nicht angekommen.
Aus demselben Grund kann auch keine ausschließliche Verwendung der noch nicht festgeschriebenen Mittel für investive Zwecke verlangt werden, wie es beispielsweise die fünf Wirtschaftsweisen oder Experten der Deutschen Bank getan haben. Theoretisch bleibt diese Forderung richtig, Transfers nicht im laufenden Haushalt oder in der Schuldentilgung zu verfrühstücken. Was eine solche radikale Haushaltskonsolidierung aber bedeutet, versuchen die CDU-geführten Regierungen in Sachsen-Anhalt und Thüringen ihren Bürgern gerade zu erklären. Auch Sachsen zahlt für seine geringe Verschuldung und den korrekten Einsatz der Solidarpaktmittel einen Preis. Die Bürger erdulden einen Abbau von Personal und Leistungen im öffentlichen Dienst. Eine Abwärtsspirale bei Kultur, Bildung, Sozialleistungen und kommunalen Diensten bewirkt einen Verlust an Lebensqualität. Im krassesten Fall wählt man NPD oder haut ab.
Bringt die Konzentration auf Investitionen nun bis 2019 den Ausweg aus dem Dilemma? Niemand hat den Mut, zu sagen, dass auch dabei nur das Prinzip Hoffnung herrscht. Die enormen Infrastrukturverbesserungen haben potemkinsche Dörfer entstehen lassen, die dennoch nicht attraktiv genug für die Ansiedlung tragender gewerblicher Substanz sind. Dass ein noch so gewaltiger direkter Wirtschaftsanschub die gegenwärtige Steuerdeckungsquote Ost von etwa 50 Prozent entscheidend verbessern wird, darf nach 15-jähriger Erfahrung ebenfalls bezweifelt werden. Ein Wachstum Ost, das trotz des internationalen Steuersenkungswettlaufs zu ausgeglichenen öffentlichen Haushalten führen würde, ist jedenfalls nicht in Sicht. MICHAEL BARTSCH