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Archiv-Artikel

FÜR DIE SPD SIND ZWEI MACHTZENTREN MEHR ALS GENUG Generalsekretär Platzeck

Hubertus wer? Für die breitere Öffentlichkeit kommt die Nominierung von Hubertus Heil zum neuen Generalsekretär der Sozialdemokraten einigermaßen überraschend. Bislang war sein Name nur in den politischen Kreisen der Hauptstadt ein Begriff, wo Heil den SPD-Klüngel der jungen „Netzwerker“ organisierte. Das also soll die neue Lichtgestalt auf dem Posten sein, dessen Besetzung am Montag noch eine sozialdemokratische Großkrise ausgelöst hatte?

Die Antwort auf diese Frage ist ziemlich einfach. Sie lautet: Der neue Generalsekretär der SPD trägt jetzt den Titel des Parteivorsitzenden und heißt Matthias Platzeck. Dass der neue Chef gerade nicht in die Regierung der großen Koalition eintreten will, dass er in den vergangenen Jahren nicht im engeren Dunstkreis von Gerhard Schröder und Franz Müntefering wirkte – das ist es ja, worum es im Streit um den Sekretärsposten gegangen war: um ein eigenes Profil der Partei trotz des Bündnisses mit der Union, um einen neuen Stil der Kommunikation, um den Abschied vom „Basta“-Prinzip der Schröder-Jahre.

Platzecks Aufgabe, die Balance zwischen Regierung und Partei zu halten, ist anspruchsvoll genug. Die Konstellation birgt das Risiko von Reibungen, aber von konstruktiven Reibungen. Mit einem politischen Schwergewicht als Generalsekretär noch ein drittes Machtzentrum zu etablieren und eine zweite mögliche Konfliktlinie zu etablieren, wäre dagegen völlig destruktiv gewesen.

Und Andrea Nahles? Sie hat die verdienstvolle Rolle der Königsmörderin gespielt und muss nun das Schicksal der meisten Vorgänger teilen. Wurde Brutus etwa glücklich, nachdem er Caesar ermordet hatte? Erinnert sich noch jemand an den britischen Konservativen Michael Heseltine, der einst Margaret Thatcher stürzte? Haben Heiner Geißler oder Lothar Späth ihre Karriere fortsetzen können, nachdem sie vergeblich gegen Helmut Kohl geputscht hatten? Nicht dass es – aus jeweils ganz verschiedenen Gründen – verwerflich gewesen wäre, gegen Caesar, Thatcher oder Kohl zu putschen. Aber das Erbe der drei Politiker aus Rom, Britannien oder Oggersheim traten später dann andere an. RALPH BOLLMANN