FRÜHER FRÜHLING : Cliff 261? Must die
Der Mülleimer an der Bushaltestelle Heinrichplatz muss einiges schlucken. Auf der Straße liegen noch die Abfälle der Silvesternacht, aber die BSR hat versprochen, sich bald darum zu kümmern. Ich stehe neben diesem reichlich beklebten Mülleimer, dem ich eben eine Bananenschale und zwei Umschlaghüllen frischer Bücher überlassen habe, und beobachte eine schwer scheinende Frau, die eine Geige oder eine Viola in einem dunklen Koffer wegträgt und auf den M 29 zuhält. Der Bus wartet und wackelt dann von ihrem Einstieg. Der Busfahrer seinerseits bleibt unbeeindruckt; ich aber beobachte genau, ob die Frau sich jetzt durch das kleine Plastiktreppenhaus in die erste Etage des Doppeldeckers wagt oder nicht. Nein, tut sie nicht. Allgemeine Erleichterung, Bus fährt ab.
Die Sonne ist nicht wirklich da, aber die Musik in meinem neuen Lieblingscafé hatte Schluckauf, machte also dieses Geräusch, das man vor Digitalisierung und Tauschbörsen noch nicht kannte. So beschloss ich, einen kleinen Kiezspaziergang hinzulegen. Im Waldekiez liegt überall Geröll, die vorherrschende Farbe ist immer noch Grau, aber Besserung ist in Sicht. „Cliff 261“ hat es geschafft, sämtliche Häuser der Gegend samt der frisch gestrichenen Haustüren vollzutaggen. Ich überlege, ob ich ein „MUST DIE“ unter seine Signatur setzen solle, aber das ist bestimmt nur kontraproduktiv.
Am Mariannenplatz kniet ein Arbeiter mit Sicherheitshelm vor einem offenen Gully, als ob er hineinspeien möchte. Von unten ruft eine Stimme Anweisungen hoch. Tiefer, weiter, schneller. Spuckfäden sind keine zu erkennen. Auf der Höhe vom Bolzplatz grinsen mich zwei türkische Jungs an, weil ich mit diesem Barça-Fanschal herumlaufe. „Ey, in der Liga nur Zweiter, Alter.“ Die Saison ist noch nicht zu Ende. Für den Schal ist es trotzdem zu warm inzwischen. Vielleicht sollte Barça doch mal wieder verlieren. RENÉ HAMANN