FLÜCHTLINGSTRIBUNAL IN KREUZBERG : Angeklagt: die Bundesrepublik Deutschland
„Brecht die Mauern des Schweigens“ heißt es auf dem großen Transparent am Eingang zum Flüchtlingscamp am Kreuzberger Oranienplatz. Es ist das Motto eines viertägigen internationalen Tribunals gegen die deutsche Flüchtlingspolitik, das ab dem heutigen Donnerstag dort als Treffpunkt und mit Workshops nahebei auf dem Mariannenplatz stattfinden wird.
Vorbereitet wird das Tribunal seit Monaten von Flüchtlingsorganisationen aus Deutschland und anderen europäischen Ländern. „Wir sind die ExpertInnen, wenn es um die deutsche Flüchtlingspolitik geht. Deswegen werden wir hier in den nächsten Tagen zu Wort kommen“, erklärt Rex Osa von der Vorbereitungsgruppe. Das Tribunal solle der Ermutigung und Information der Flüchtlinge dienen, betont er.
Schon in der Vorbereitung haben sich Flüchtlingsfrauen eigenständig organisiert. Eine von ihnen vorbereitete Demonstration, die ab 9 Uhr vom Herrmannplatz zum Mariannenplatz zieht, ist der Startpunkt des Tribunals. Im Anschluss werden die Flüchtlinge in Arbeitsgruppen über die Situation in ihren Herkunftsländern sowie die vergessenen Folgen der deutschen Kolonialpolitik informieren.
Am Freitag wird die Kritik an der deutschen Flüchtlingspolitik, etwa am Abschiebesystem und der Unterbringung in Lagern, zu Wort kommen. Ein eigener Workshop widmet sich der Kriminalisierung von Flüchtlingsprotesten. Am Samstag stehen Widerstand und Selbstorganisierung von Flüchtlingen im Mittelpunkt. Laut Baher Charara von der Vorbereitungsgruppe sendet das Tribunal zwei Botschaften an die deutsche Gesellschaft: „Zuerst sind wir Menschen wie Ihr. Zweitens lade ich Euch ein, die Flüchtlinge zu besuchen.“ PETER NOWAK