„FAZ“ versus ARD/ZDF, Bertelsmann-Bilanz, Professor Aust : Sicherheitszündholz Ostrowski bleibt gelassen
Wie groß muss die Enttäuschung sein, wenn auf noch so emsiges Trommeln keine Reaktion mehr erfolgt: Da müht sich die FAZ seit Jahr und Tag und am Sonntag sogar mal wieder per Leitartikel, ARD und ZDF online in die Schranken zu weisen. Und kein Schwein interessierts mehr. Es ist ein Grundrauschen wie bei der Autobahn, lästig, aber auszuhalten. Genauso wie das auf solches Verleger-Gegreine erfolgende Echo der Öffentlich-Rechtlichen: Eben hat ZDF-Intendant Markus Schächter bei den Mainzer Tagen noch mal die auch schon in die Jahre gekommene Tonspur eingelegt und die große Allianz von Öffentlich-Rechtlichen und Verlagen zur Rettung des Qualitätsjournalismus angemahnt. Noch jemand wach?
Da ist es geradezu wohltuend, endlich mal wieder auf Deutschlands größten Medienkonzern zu schauen, der unter mittlerweile ja auch nicht mehr ganz so neuer Führung hübsch bescheiden bleibt: Bertelsmann reitet keine Attacken gegen ARD und ZDF und beschäftigt sich eher damit, trotz Branchenkrise weiter Geld zu verdienen. Zwar ist der Gewinn 2009 auf maue 35 Millionen Euro gesunken, und auch das Ergebnis war nur drin, weil Sparrunden und Personalabbau die Kosten um eine runde Milliarden senken halfen. Doch statt hyperventilierender Aufregung, wen man denn dafür verhaften könnte, gibts den Rückzug ins Gediegen-Ostwestfälische: „Wir sind Unternehmer und nicht Abenteurer“, sagt dann Vorstandschef Hartmut Ostrowski und liest so schöne Sätze wie „Ich kann Ihnen sagen: Ganz Bertelsmann brennt darauf, neue Wachstumschancen zu ergreifen“ gekonnt vom Blatt.
Doch Gemach, gebrannt wird höchstens auf ganz kleinen Flämmlein, und selbst dann ist immer ein Feuerlöscherchen in der Nähe. Selbst bei der Schlacht um die Apps bleibt Bertelsmann gelassen: Während Springer-Chef Mathias Döpfner unlängst wegen kostenloser ARD-Angebote mal wieder tausende Arbeitsplätze in der Verlagsbranche so gut wie verschwunden sah, antwortet das Sicherheitszündholz Ostrowski auf solchen Kleinscheiß schon gar nicht mehr selbst: Das solle der Kollege der Bertelsmann-Tochter Gruner + Jahr machen, dessen Laden sei schließlich auch am besten mit Springer vergleichbar. Schöne Spitze gegen den zweitgrößten, aber eben deutlich kleineren Konkurrenten.
Apropos Bertelsmann: Auch Thomas Middelhoff, der für Bertelsmann mal schnell halb AOL kaufte und wieder verkaufte, hat noch Einfluss bei seinem alten Laden. Zwar hat Middelhoff längst die Branche gewechselt und Karstadt wie Quelle versenkt. Aber sogar damit hat er Ostrowski noch ins Konzept gepfuscht: Schließlich wurde der Quelle-Katalog bei einer Bertelsmann-Tochter gedruckt. Pfui!
Und noch was Geschmäcklerisches: Stefan Aust wird im Sommersemester 2010 die „Gastprofessur für Politikmanagement der Stiftung Mercator“ an der NRW School of Governance der Universität Duisburg-Essen übernehmen. Es geht laut Pressemeldung der Uni um die „Praxis der Politikvermittlung“, die der ehemalige Spiegel-Chef und heutige WAZ-Politmagazin-Entwickler unterrichten soll. Was die Governance der NRW-Landespolitik angeht, möchte man nach Rent-a-Rüttgers und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen bei unabhängigen Bloggern den führenden Menschen der schwarz-gelben Landesregierung da gern Nachhilfe verordnen. Wenn die NRW-Wahlen im Mai nach den jüngsten Prognosen ausgehen, haben sie dann ja auch alle wieder Zeit für ein kleines Aufbaustudium.
Hinweis:DER RESERVIST STEFFEN GRIMBERG berichtet ersatzweise von der Medienfront
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