Extrem-Abenteuerer Arved Fuchs: "Wale und Pinguine tragen das Leid"
Der Polarforscher Arved Fuchs hat den Klimawandel in der Arktis gesehen. Er befürchtet, der Antarktis könnte das Gleiche blühen.
taz: Herr Fuchs, Sie waren zuletzt im Jahr 2000 in der Antarktis. Hat es Sie überrascht, dass jetzt diese große Eisplatte abgebrochen ist?
Arved Fuchs: Es hat immer Abbrüche großer Tafeleisberge gegeben, was Anlass zu Spekulationen war, ob das mit dem Klimawandel zusammenhing. Das ist kein absolutes Novum. Die Wissenschaftler konnten bisher nicht sagen, ob das ebenso eindeutig Folgen des Klimawandels sind wie in der Arktis, wo das unstrittig ist.
Haben Sie in der Antarktis Anzeichen für den Klimawandel bemerkt?
Seinerzeit nicht. Es war keine wissenschaftliche Expedition. Wir segelten von der Antarktis nach Südgeorgien. Wir haben größere Mengen abgebrochener Tafeleisberge gesehen, was aber noch nichts beweist. Bloß weil da ein Eisberg treibt, kann man nicht sagen, das sind die Auswirkungen des Klimawandels. Wenn aber größere Mengen abgestoßen werden, wenn es damit nicht zu Ende ist und in der gleichen Region auch andere Eismengen sich gelöst haben, dann scheint es einen Zusammenhang zu geben.
1989/90 sind Sie zum Südpol gewandert. Haben Sie bei Ihrem zweiten Besuch im Jahr 2000 Veränderungen festgestellt?
In der Antarktis nicht. Dort scheint es etwas subtiler abzulaufen. Aber in der Arktis, wo ich mich oft aufhalte, merkt man jährlich Veränderungen. Der arktische Raum erwärmt sich doppelt so schnell wie der Rest der Welt. In der Antarktis gibt es Hinweise darauf, dass sich die Ozeane erwärmen und dass sich der Algenwuchs verändert, von dem sich die Kleinkrebse Krill ernähren. Wenn ihre Nahrungskette unterbrochen wird, sind die Wale und Pinguine die Leidtragenden.
Wie entsteht dieser Nahrungsmangel?
Es gibt Algen, die sich unter dem Eis ansiedeln. Der Krill weidet diese Algenwiesen ab. Wenn die Algen nicht mehr wachsen können, ist für den Krill nicht mehr genügend Nahrung da.
Am Nordpol haben sie die Folgen des Klimawandels beobachtet. Wie sahen die aus?
Für mich läuft das in einem atemberaubenden Tempo ab. Im Jahr 2000 hätte ich gesagt: Es gibt immer mal Schwankungen. Aber in den folgenden Jahren gab es fast immer ein neues Eisminimum. Bei unserer dritten Spitzbergenreise im vergangenen Sommer fanden wir völlig veränderte Verhältnisse vor. Wir sind ohne Probleme um Spitzbergen herumgesegelt. Das wäre früher undenkbar gewesen mit einem Segelschiff. Die Gletscher schrumpfen drastisch. Das polare Packeis ist im vergangenen Sommer auf der vierfachen Fläche Deutschlands weggeschmolzen. Das ist ein Rekordminimum. Es mag sein, dass sich dieser Prozess in der Antarktis mit Verzögerung ebenfalls abspielt.
INTERVIEW: GERNOT KNÖDLER
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