Ex-NPDler bei der Piratenpartei: Verzeihung für "Jugendsünden"
Der Piratenvorsitzende Nerz bezeichnet die ehemaligen NPD-Mitgliedschaften seiner Parteifreunde als "Jugendsünden". In der Partei hätten rechtsextreme Thesen weiterhin keinen Platz.
BERLIN dpa | Der Chef der Piratenpartei, Sebastian Nerz, hat die frühere NPD-Mitgliedschaft einiger Parteifreunde als "Jugendsünde" bezeichnet. Nerz räumte in der Welt ein, dass mehrere Mitglieder der Piraten früher bei der rechtsextremen Partei waren: "Es gibt einige, die in jugendlicher Naivität in die NPD eingetreten sind und deren rechtsextreme Politik nicht wirklich durchschaut hatten." Nerz fügte hinzu: "Wenn so jemand nach einem Jahr austritt, dann muss man solche Jugendsünden auch verzeihen. Doch dann müssen diese Menschen auch offen zu ihren Fehlern stehen."
In den vergangenen Tagen waren Fälle aus zwei Landesverbänden der Piratenpartei bekanntgeworden. So hatte ein Kreistagsabgeordneter in Mecklenburg-Vorpommern zugegeben, dass er zwischen 2003 und 2004 der NPD angehörte. Im bayerischen Freising war der Kreisverbandsvorsitzende der Piraten zurückgetreten, weil auch von ihm eine frühere NPD-Mitgliedschaft öffentlich geworden war. Er hatte in einer Stellungnahme von einem "Fehltritt" gesprochen.
Piraten-Chef Nerz sagte, er glaube nicht, dass sich seine Partei mit der Aufnahme ehemaliger NPD-Mitglieder angreifbar mache: "Auch in unserer Satzung steht, dass wir extremistische Politik ablehnen, und das wird bei uns intensiv gelebt. Wenn sich jemand bei uns mit rechtsextremistischen und ausländerfeindlichen Thesen aufhält, stellt er sich schnell ins Abseits. Solche Leute haben keine Zukunft in der Piratenpartei."
Kritik an "verfrühter Terrorismusdebatte"
Unterdessen rief Nerz Politiker auf, im Zusammenhang mit der Serie von Brandanschlägen auf Bahnstrecken in Berlin einen "kühleren Kopf" zu bewahren und nicht über einen beginnenden Linksterrorismus zu diskutieren. "Ich würde da eher von einer neuen Dimension von Brandstiftung reden", sagte er der Rheinischen Post.
Die Taten seien zwar unentschuldbar und dürften nicht verharmlost werden. Aber ein ideologischer Überbau oder ein "großes Ziel" scheine völlig zu fehlen, ebenso wie eine weitergehende quasi-professionelle Struktur oder Gruppe. Eine Terrorismusdebatte sei somit verfrüht. "Wer in Berlin von Linksterrorismus spricht, der möchte populistisch wirken und die Bevölkerung aufbringen", kritisierte Nerz.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“