Evo Morales fürchtet Hormonfleisch: Der Fluch des Hühnchens
Abtruses von Evo Morales am Rande des Alternativen Klimagipfels: Gentechnisch verändertes Essen mache eine Glatze, Hähnchenfleisch mit weiblichen Hormonen schmeiße Männer aus der Bahn.
COCHABAMBA/ BERLIN dpa/taz | Dass Nahrungsmittel nicht immer das enthalten, was man erwartet, weiss man spätestens seit der Diskussion um Analogkäse. Und wer vor veränderten Lebensmitteln warnen will greift auch schonmal zu drastischen Szenarien.
So auch Boliviens linksgerichteter Präsident Evo Morales. Er hat vor gentechnisch veränderten Nahrungsmitteln gewarnt, und appelliert dabei an männliche Grundängste: Solche Speisen würden zu Haarausfall und Glatzen führen, sagte er auf einem alternativen Klimagipfel im bolivianischen Cochabamba. In Europa seien fast alle kahlköpfig. "Es ist wegen der Dinge die sie essen," sagte Morales. "Bei den Indigenas gibt es keine Glatzen, weil wir andere Dinge essen."
Er geht noch einen Schritt weiter: Hühnchenfleisch sei mit weiblichen Hormonen behandelt. Wenn Männer das verzehren, käme es bei ihnen zu "Abweichungen in ihrem männlichen Wesen", wie Morales sich ausdrückte. Im Publikum erntete Morales Gelächter. In der lateinamerikanischen Presse wurde Morales Äußerung so interpretiert: Morales sagt, hormonbehandeltes Hühnchen mache schwul.
Es ist ein bisschen wie stille Post. Auch wenn Morales selber weder die Worte schwul noch homosexuell benutzt hat, gibt es viele Reaktionen. Der Lesben- und Schwulenverband in Peru zeigte sich empört, Morales Theorien seien "absurd", sagte ein Verbandsvertreter der peruanischen Zeitung El Comercio. Und ein Leserkommentator witzelte, Morales hätte wohl "transgenetisch" und "transgender" verwechselt.
In Brasilien, dem weltweit größten Hähnchenfleischexporteur, stießen Morales Äußerungen auf Empörung. Er zeige Unkenntnis über dieses wichtige tierische Protein, kritisierte der Präsident des brasilianischen Hähnchenverbandes (ABEF), Francisco Turra, in einer Erklärung in São Paulo. Es sei ein Mythos, dass Hähnchenfleisch mit Hormonen behandelt werde.
Ähnlich äußert sich das deutsche Verbraucherschutzministerium. Auf Anfrage der taz sagte eine Sprecherin, es gebe keine Hormonrückstände in Hühnerfleisch - auch nicht bei Importen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Der Pazifismus der Linkspartei
Mehr Rationalität wagen
Amokfahrt in Mannheim
Mit dem Auto in der Waffenverbotszone
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Von der Leyen legt Milliarden-Plan zur Aufrüstung Europas vor
US-Waffenhilfe für die Ukraine
Wir sind dann mal raus
Amokfahrt in Mannheim
Zwei Tote, zehn Verletzte
Unionsvorstoß für Sondervermögen
Ohne eine Reform der Schuldenbremse geht es nicht