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Ethnisch sortierte Wohnblocks"Das erschwert die Bürgergesellschaft"

Die Erfahrungen zeigen, dass es einfach schwieriger ist, wenn die Milieus unter sich bleiben. Der Stuttgarter Integrationsbeauftragte Gari Pavkovic über die Probleme kultureller oder sozialer Konzentration.

Wir haben jetzt schon eine soziale Trennung in den Wohngebieten. Bild: dpa
Interview von Georg Löwisch

taz: Herr Pavkovic, glauben Sie noch an sozial und ethnisch gemischte Wohnquartiere?

Gari Pavkovic: Ja, weil das immer noch integrationspolitisches Ziel ist.

Ziel? Wie ist es in der Wirklichkeit?

Bild: archiv
Im Interview: 

GARI PAVKOVIC, 48, ist Integrationsbeauftragter der Stadt Stuttgart. Er stammt aus Bosnien und wurde 1993 eingebürgert. Stuttgart ist zusammen mit München die deutsche Großstadt mit dem zweithöchsten Ausländeranteil - nach Frankfurt. 40 Prozent der 590.000 Einwohner der Stadt haben einen Migrationshintergrund - mehr als in Hamburg oder Berlin.

Wir haben in der Realität eine einkommensbedingte räumliche Segregation. Die Reichen wohnen unter sich und die anderen wohnen unter sich. Bei den anderen sind überdurchschnittlich viele Migranten, allerdings verschiedener Nationalitäten.

Das heißt, es gibt bisher keine Wohnblocks, in denen nur Einwandererfamilien aus der Türkei oder nur Russlanddeutsche wohnen?

Der Stuttgarter Wohnungsmarkt ist sehr eng. Selbst wenn Migranten landsmannschaftlich unter sich wohnen wollten, hätten sie gar nicht die Möglichkeit dazu. Sie haben nur eine sozial bedingte Konzentration. Die setzt sich dann in einem hohen Migrantenanteil in den Kitas und Schulen fort. Das ist ein Problem, weil die Bildungsbürger von diesen Kitas oder Schulen weggehen und in Privatschulen wandern.

Kommt es in Wohnhäusern von Migranten zu Konflikten?

In Einzelfällen ja. Zum Teil sind es Generationenkonflikte in Wohngebieten, wo ältere Deutsche und kinderreiche Migranten in preiswerten Wohnungen leben. Aus Sicht der älteren Deutschen sind dann die Kinder zu laut.

In Hessen hat sich ein große Wohnungsbauunternehmen vom Leitbild des ethnisch gemischten Wohnens verabschiedet. Was halten Sie davon?

Wenn wir die Konzentration von bestimmten Milieus haben, haben wir auch eine Konzentration von Bildungsschwächeren und von Arbeitslosen in bestimmten Stadtgebieten. Dann ist es schwierig, eine gute Bürgergesellschaft zu fördern, weil die engagierteren Familien nicht da sind, die Elternvertreter werden oder in Bürgervereinen mitmachen. Wir bräuchten dann mehr Investitionen in die Jugendhilfe und in die Kriminalprävention.

Was halten Sie von der Idee, ethnisch einheitliche Nachbarschaften zu schaffen?

Das erschwert die Integration. In klassischen Einwanderungsländern wie den USA oder Kanada findet Integration trotz Segregation statt. Aber unsere Erfahrung ist, dass es einfach schwieriger ist, wenn die Milieus unter sich sind. Den Migranten fehlen Vorbilder im Sinne von Aufstiegskarrieren.

Sie würden sich dagegen wenden, wenn eine Wohngesellschaft die Russlanddeutschen und die Türkischstämmigen nach Häusern sortieren wollte?

Das halte ich nicht für zielführend. Die Nationalität ist nicht entscheidend. Auch in den attraktiven Halbhöhenlagen Stuttgarts wohnen Migranten, die gut verdienen. Unsere Erfahrung ist auch, dass zum Beispiel Türken nicht unter sich bleiben wollen. Im Wohnumfeld nicht und auch nicht bei der Bildung. Dass Türken in benachteiligten Quartieren wohnen, liegt auch daran, dass viele auf dem Wohnungsmarkt diskriminiert wird. Wir sanieren benachteiligte Quartiere, um weitere Segregation zu vermeiden - eine zweischneidige Strategie: Wenn wir Wohngebiete aufwerten, entsteht ein Verdrängungswettbewerb zulasten der Schwächeren. Deswegen bieten wir preiswertere Wohnungen auch Migranten zum Kauf an.

Wäre es nicht ehrlicher, wenn die Politik sich vom Leitbild gemischter Quartiere offiziell verabschiedet?

Das ist oft die Realität. Die muss man dann so gestalten, wie sie ist. Deswegen gibt es ja Streitschlichter oder Stadtteilmütter. Aber die sozialen Maßnahmen reichen allein nicht für eine gute Nachbarschaft.

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