Esther Slevogt betrachtet das Treibenauf Berlins Bühnen:
Wohnen wird immer teurer, die Angst, das eigene Zuhause zu verlieren, wächst. Aber auch der Zorn gegen Verhältnisse, die das nicht besser regeln. In denen ein Menschenrecht zum Spekulationsgut geworden ist. Zum Spielzeitauftakt hat sich das HAU der Sache nun unter der Überschrift „Berlin bleibt!“ mit einem zehntägigen Festival angenommen. Es beginnt mit Christine Rösingers „Stadt unter Einfluß – Das Musical zur Wohnungsfrage“. Neben weiteren Stücken, darunter auch das preisgekrönte Stück über Entmietung und Gentrifizierung „Oratorium“ von She She Pop, oder Hans-Werner Kroesingers „Mietsachen“ wird in der leer stehenden Post-Filiale gegenüber vom HAU2 ein Projektraum eingerichtet, in dem Zukunftsmodelle verhandelt werden sollen. Am letzten Festivaltag (5. 10.) wird die „Werkstatt zur Enteignung und Vergesellschaftung des Wohnens“ Visionen zur Re-Kommunalisierung diskutieren. Mit dabei sind der Ankündigung des HAU zufolge: AG Starthilfe (Kampagne Deutsche Wohnen & Co enteignen + Mieter*innenprotest Deutsche Wohnen), Bündnis Otto-Suhr-Siedlung & Umgebung BOSS&U, Kampagne Deutsche Wohnen & Co enteignen, Kotti & Co, Mieterbeirat Karl-Marx-Allee, Mieterrat Neues Kreuzberger Zentrum, Mieterprotest Kosmosviertel, Netzwerk kommunal & selbstverwaltet Wohnen (kusWo), Stadt von Unten (HAU, 26. 9.–5. 10. Alle Infos: www.hebbel-am-ufer.de).
„Wir sind die Stadt – doch wer ist eigentlich wir?“ fragen in den Sophiensälen ab 27. September die Performerin, Autorin und Aktivistin Simone Dede Ayivi und ihre Komplizinnen. In ihrem „Solidaritätsstück“ geht es nicht nur darum, wie sie wohnen wollen oder wovon sie leben sollen, sondern auch wie sie Rassismus begegnen, den Feminismus verteidigen und sich dem Rechtsruck entgegenstellen können (Sophiensäle, 27.–30. 9., jeweils 19 Uhr).
Im Deutschen Theater steht wieder Jan Bosses Inszenierung von Carl Zuckmayers abgründigem Komödienklassiker „Der Hauptmann von Köpenick“ auf dem Spielplan. Milan Peschel spielt den entlassenen Sträfling, der dem Teufelskreis „Keine Aufenthaltsgenehmigung, keine Arbeit – keine Arbeit, keine Aufenthaltsgenehmigung“ entkommen will, in dem er bei einem Trödler eine Uniform erwirbt, darin zu Autorität gelangt, ein Bataillon auf der Straße angetroffener Soldaten abkommandiert und ihnen befiehlt, das Rathaus von Köpenick zu besetzen, um zu seinem Recht zu kommen. Denn er will doch bloß ein ganz normales Mitglied der Stadtgesellschaft sein (Deutsches Theater: „Der Hauptmann von Köpenick“, 28. 9., 19.30 Uhr).
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