piwik no script img

Esther Slevogt betrachtet das Treibenauf Berlins Bühnen

Das hatten wir lange nicht, dass die Jugend als unruhestiftend aufgefallen ist und Woche für Woche auf die Straße geht. Zuletzt erschien sie eher angepasst, und auch nur auf Instagram oder Facebook. Doch seit die sechzehnjährige Greta Thunberg weltweit Schüler*innen mobilisiert, freitags statt zur Schule zu gehen für den Klimaschutz zu demonstrieren, ist die Hoffnung zurückgekehrt. Dass die Erwachsenen die Hoffnung auf die Jugend verloren hatten, gab es in Deutschland schon einmal: in den 1930er Jahren, als sich diese Jugend massenhaft der Nazi-Ideologie verschrieb. Davon handelt auch ein berühmtes Buch von Ödön von Horváth, „Jugend ohne Gott“, in dessen Zentrum ein Lehrer steht, der es mit zunehmend verrohenden Schülern zu tun hat, die er mit der Vermittlung seiner Werte gar nicht mehr erreicht. Auf der Basis dieses Buchs hat der Regisseur Nurkan Erpulat am Gorki Theater nun einen Abend entwickelt, der das Thema „Werte“ ins Zentrum stellt. Welche Werte sind heute wichtig, welche Normen prägen sie und die Gesellschaft heute? (Gorki Theater: „Jugend ohne Gott“, ab 14. 4., 19 Uhr).

Werte sind es auch, die über die Geschichtsschreibung entscheiden. So kommt es, dass einer, der gerade noch als Held gefeiert wurde, plötzlich als Verbrecher gilt. Hitler und Stalin zum Beispiel. Aber es gibt auch Fälle, wo diese Umwertung mit der Absicht geschieht, Minderheiten oder Bevölkerungsgruppen aus der Geschichte zu tilgen. In der Vergangenheit waren davon oft Frauen betroffen. Hier die Dinge wieder geradezurücken, ist schon lange ein Projekt des Feminismus. Die Umwertung mythischer Urfrauen zu Huren zum Zweck der Behauptung, aller Ursprung sei männlich, hat aktuell die Künstlerin Nuray Demir interessiert. Für ihre neue Arbeit „The Bitches Are Present“ wird sie das HAU 3 in ein feministisch-performatives Archiv verwandeln, um dort Gött*innen und menschliche Held*innen im Zuge einer choreografischen Reinkarnation neu zu versammeln (HAU3: „The Bitches Are Present“, 16.–18. 4., 19 Uhr).

Eine wertverändernde Wirkung auf die Gesellschaft hat auch die Digitalisierung. Diese Entwicklung geschieht fast unmerklich, aber die von ihr verursachte Erosion der alten Ordnung ist umso nachhaltiger. Einer, der sich schon früh mit der „nächsten Gesellschaft“ befasst hat, die aus seiner Sicht von der Digitalisierung hervorgebracht wird, ist der Soziologe Dirk Baecker. Im HAU wird er am 16. April mit seinem Vortrag „Digitalisierung und die nächste Gesellschaft“ zu hören sein (HAU1: „„Making Sense of the Digital Society: Digitalisierung und die nächste Gesellschaft“, 16. 4. 19 Uhr).

Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen

Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen