Esther Slevogt betrachtet das Treibenauf Berlins Bühnen:
Wahrscheinlich sollten wir das neue Jahr langsam angehen in diesen rasenden Zeiten, die soviel Staub aufwirbeln, dass man selbst bei eingeschaltetem Fernlicht kaum etwas sieht. Von der Zukunft zum Beispiel. Also bleiben wir lieber stehen, und schauen uns um. In das Jahr 1898 zum Beispiel. Das ist das Jahr, in dem eine gewisse Karoline Wilhelmine Charlotte Blamauer das Licht der Welt erblickte, die später unter dem Namen Lotte Lenya ziemlich weltberühmt geworden ist. Und die uns eine Menge von den Schrecken des 20. Jahrhunderts erzählen könnte – wohin es zum Beispiel führt, wenn sich der rechte Rand zu weit in Richtung Mitte frisst. Als Sängerin und Ehefrau des Komponisten Kurt Weill, mit dem sie 1935 in die USA in die Emigration ging, hat sie das nämlich alles schon einmal miterlebt. Im Renaissance Theater steht jetzt wieder „Die Lenya Story“ auf dem Spielplan – mit Sona Mac Donald als Lotte Lenya. Diese Sängerin und Schauspielerin hat schon verschiedene Ikonen der Jazz- und Musikgeschichte gespielt, Billie Holiday und Marlene Dietrich zum Beispiel, und es ist immer wieder toll zu sehen und zu hören, mit welcher Verve sie sich diesen Figuren anverwandelt – und ihre Lieder interpretiert! (Renaissance Theater: „Die Lenya Story“, 7.–9. 1., jeweils 20 Uhr).
Am 6. Januar steht im Maxim Gorki Theater wieder „Verrücktes Blut“ auf dem Spielplan. Die ursprünglich am Ballhaus Naunynstraße entstandene Inszenierung von Nurkan Erpulat war eine Art Urknall dessen, was damals unter der Überschrift Postmigrantisches Theater in den Hochkulturkosmos geschossen wurde – aber heute einfach nur tolles und mitreißendes Theater ist – über Schiller und seine Ehrenmord-Dramen zum Beispiel. Denn das alte Label „postmigrantisch“ ist natürlich längst historisch geworden. (Gorki Theater: „Verrücktes Blut“, 6. 1., 18 Uhr).
In der Volksbühne ist am 2. + 3. Januar Thorsten Lensings Inszenierung des Mamutromanstoffs „Unendlicher Spaß“ von David Foster Wallace zu sehen, starbesetzt mit Devid Striesow, Jasna Fritzi Bauer, Sebastian Blomberg und Ursina Lardi (Volksbühne: „Unendlicher Spaß“, 2. 1., 19 Uhr und 3. 1., 18 Uhr).
Und wem es noch zu früh im Jahr ist für die depressiven Welten des Sprechtheaters, der stellt sich einfach an der Kasse des Friedrichstadt-Palasts an, um eine Karte für die umwerfende Mega-Show „Vivid“ zu ergattern, die so etwas wie Zirkus, Revue, Pop-Konzert und magische Zaubershow in einem ist. Allein schon die Kostüme und Choreografien rauben einem den Atem! (Friedrichstadt-Palast, 3., 4. & 8. 1., 19.30 Uhr; 5. & 6. 1., 15.30 Uhr).
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