Esther Slevogt betrachtet das Treibenauf Berlins Bühnen:
Die Frage ist natürlich berechtigt: „What if Women Ruled the World?“ Zwar werden zum Beispiel die Deutschen von einer Frau regiert. Auch den Engländern und Engländerinnen steht eine Premierministerin vor. Aber grundsätzlich müssen wir natürlich konstatieren: Meist sind es Männer, die den diversen Staatswesen dieser Erde vorstehen. So kommt es, dass die israelische Künstlerin Yael Bartana – (in deren Heimatland der Premierminister zwar ein Mann, Benjamin Netanjahu, ist, der aber selbst wiederum von seiner Frau Sara regiert wird) – nun also in der Volksbühne ein Frauenparlament einberuft. Grund: Der Weltuntergang durch einen Atomkrieg muss verhindert werden. Inspiriert von Stanley Kubrik werden echte Expert*innen und echte Schauspieler*innen im Grenzbereich von Fakt und Fiktion als Weltparlament ein Politexperiment durchführen. Werden sie bis Mitternacht ein Abkommen auszuhandeln in der Lage sein, das die Katastrophe abwenden kann? (Volksbühne: „What if Women Ruled the World?“, 12.–14. 4., jeweils 20.30 Uhr).
Apokalyptische Szenarios brauen sich meist anfangs noch unbemerkt zusammen. Zum Beispiel in den Stück, das der 1976 in Brazzaville in der Republik Kongo geborene Schauspieler, Regisseur und Dramatiker Dieudonné Niangouna jetzt für das Berliner Ensemble schrieb, der auch in Europa mit seiner Bild- und Wortgewalt seit ein paar Jahren Furore macht. „Phantom“ verhandelt den von den Europäern verdrängten Kolonialismus in Afrika, dessen destruktives Potenzial bis heute weiter wirkt. Die Geschichte, die Niangouna erzählt, geht laut Berliner Ensemble so: „Eines regnerischen Morgens klopft ein alter Mann an die Tür einer deutschen Familie im Schwarzwald. Mit ihm tritt nicht nur die Vergangenheit, sondern auch ein anderer Kontinent ein.“ Und dann übernimmt längst Vergessenes und Verdrängtes die Regie (Berliner Ensemble: „Phantom“, 13., 14., 16. 4., jeweils 20 Uhr).
Die dunklen Seiten in uns nimmt Meisterregisseurin und Theatertherapeutin in Personalunion Yael Ronen in ihrer neuen Produktion unter die Lupe: „A Walk on the Dark Side“, in der bewährte Ronen-Spieler*innen wie Orit Namias und Dimitri Schad sich mit charakterlichen Schattenseiten auseinandersetzen und dafür tief auch in unser aller Abgründe schauen. Daraus befördern die Abende von Yael Ronen, dafür lieben wir sie nämlich, dann aber in der Regel lautes Gelächter hervor. Gelächter allerdings, dem stets die Macht der Selbsterkenntnis innewohnt. Oder so (Gorki Theater: „A Walk On The Dark Side“, Premiere am 14. 4, 20 Uhr).
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