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Esther Slevogt betrachtet das Treibenauf Berlins Bühnen

Da ist es also, das neue Jahr: Machen wir’s zu seiner Begrüßung wie die beiden Teenies Nini und Jameelah, die sich auf dem Schulklo aus Milch, Maracujasaft und Weinbrand einen Cocktail mischen. Der hilft beim Erwachsenwerden und auch grundsätzlich gegen Lebenskomplikationen, die das Leben und Lieben so mit sich bringt. Schmecken tut das Ganze auch – jedenfalls dem Roman von Stefanie de Velasco zufolge, der wie das Getränk „Tigermilch“ heißt und in dem man Nini und Jameelah begegnen kann. Nun kommt der Stoff im Deutschen Theater auf die Bühne, wo Wojtek Klemm mit jugendlichen Spieler*innen des Jungen DT die Geschichte realisiert hat, die so hinreißend und leichtfüßig beginnt, bis sie eine tragische Wendung erfährt (Deutsches Theater: „Tigermilch“, Premiere 10. 1., 19.30 Uhr).

Die Oper ist als Medium der Unterdrückten bisher nicht bekannt geworden. Zu Unrecht vielleicht? Jedenfalls untersucht die Gruppe FUX, 2016 mit dem Performance-Preis der Jürgen-Ponto-Stiftung ausgezeichnet, in ihrer ersten Arbeit für das HAU die Oper als Protestmedium. „Die Wiederentdeckung der Granteloper“ haben Nele Stuhler und Falk Rößler ihr Stück genannt. Gegründet hat sich FUX 2011 an der Uni Hildesheim (HAU: „Die Wiederentdeckung der Granteloper“, 10.-13. 1., jeweils 19 Uhr).

Eine andere vielversprechende junge Performancegruppe ist die Komplexbrigade, die Theaterformate entwirft, die sich an Erfahrungen mit der Digitalisierung orientieren. Mit „Solaris“ zeigen sie in der Schaubude nun ein interaktives Spiel, das auf der Basis eines berühmten Romans von Stanislaw Lem entstanden ist. Das Publikum ist gleichzeitig die Besatzung des Raumschiffs, das die Solaris-Forscher retten muss: ein Computerspiel im Real Life, ein Spiel über Vertrauen und Kooperation (Schaubude: „Solaris“, ab 4. 1., 20 Uhr).

Eine unheimliche Zukunft malt Evy Schuberts Inszenierung „Die Maschine steht still“ im Theater an der Park­aue aus, die auf der Basis einer visionären Sci-Fi-Kurzgeschichte von E. M. Forster aus dem Jahr 1928 entstand (in der er Dinge wie Computer, VR oder das Internet vorausahnte). Entworfen wird eine unbewohnbar gewordene Welt, wo die Menschen nur noch unterirdisch leben und auf eine gigantische Maschine zur Erfüllung ihrer Bedürfnisse angewiesen sind. Nur der junge Kuno wagt die Revolte. Die Regisseurin Evy Schubert ist Filmerin, Videokünstlerin, Regieassistentin und Dramaturgin unter anderem von Herbert Fritsch und arbeitet zum ersten Mal im Theater an der Park­aue (Theater an der Parkaue: „Die Maschine steht still“, ab 4. 1., 10 Uhr).

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