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Archiv-Artikel

Pachls Nachsichten Erst salben – dann einseifen

Der Kabarettist HEINRICH PACHL hat links seinen festen Platz

Heute, Samstag, wird der Tag des Herrn, und sein Knecht, Joachim Kardinal Meisner, genannt der „Daumen Gottes“, wird im renovierten Spanischen Bau des Kölner Rathauses zur Tat schreiten. Dort lässt er sich die Ärmel seiner Soutane hochkrempeln und salbt, begleitet von frommen Sprüchen, den neuen Ratssaal, der damit die nötige Weihe verpasst bekommt.

Ein katholischer Hoher Priester salbt die säkulare Volksvertretung? Das darf doch nicht wahr sein? Impossible! Nit mööglisch! Da müht sich in Kabul, der Haupstadt von Afkastanien, die grosse Volksversammlung monatelang ab, dass endlich auch im hintersten Hindukusch die Trennung von Religion und Staat beginnt - und hier, im hillige Kölle, wird mit Meisner, dem Soldatenprediger, Abtreibungsgegner und Ausgrenzer der Schwulen die Talibanisierung eingeläutet!

Wahnsinn! Aber wo ist die Methode? Weiht der Kardinal den Ratssaal, damit die Kölner Volksvertreterinnen und Mandatstreter ihren Klüngel römisch-katholisch aussitzen? Steht doch geschrieben: „Du sollst mit dem Pfunde wuchern!“ Ist mit der Salbung die Segnung des Schmieröls gemeint? Erteilt der kölsche Kardinal mit seiner Litanei den Lokalpolitiken, die beim Klüngel in Sünde fallen und korrupt werden, eine präventive General-Absolution, damit sie ihre Missetaten gleich an Ort und Stelle „ausschwitzen“? Sollen die Entscheidungen bei städtischen Aufträgen mit liturgischem Schwulst geschwängert werden, um die Transparenz öffentlicher Vergaben mit Salbung und Weihe verrauchen und vernebelt zu können?

Oder wofür braucht man den Segen des christlichen Fundamentalisten? Um, nachdem man sich in der Stadtkasse bedient hat, wieder Frieden herzustellen zwischen den Gesalbten und den Eingeseiften? Wer hat sich diesen Mumpitz eigentlich ausgedacht? Gehört sowas nicht eigentlich ins Hänneschen-Theater? Oder will man uns damit endlich und endgültig klarmachen, dass im Rat auch nur Tünnesse nach der Pfeife tanzen. Wie dem auch sei - am Ende der Zeremonie will der Kardinal auch die neuen Toiletten segnen, damit alles seinen würdigen Abschluss findet: salben – einseifen – Hände in Unschuld waschen.