Ermittlungen nach Brand in Göttingen: "Rechtswidrige Durchsuchung"
In Göttingen macht die Polizei vier Linke für einen Brand in der Ausländerbehörde verantwortlich. Doch noch ist fraglich, ob das Feuer überhaupt ein Anschlag war.
GÖTTINGEN taz | Es begann mit einem Flugblatt, das die Polizei in der Nähe des Brandherdes gefunden hat: Weil darin "inhaltlich Bezug zur Abschiebepolitik" genommen werde, so die Göttinger Polizei, gehe sie davon aus, dass es sich bei dem Brand in der Teeküche der Ausländerbehörde des Landkreises um einen politisch motivierten Anschlag handelt. Bei dem Feuer entstand Sachschaden in Höhe von 10.000 Euro, ein Mitarbeiter wurde leicht verletzt.
Ein weiteres Indiz lieferten den Ermittlern zwei aus Nordrhein-Westfalen angeforderte Spürhunde. Die "Man-Trailing"-Hunde sind darauf trainiert, Menschen aufzuspüren, "unter günstigen Umständen sogar noch nach einem Tag", wie das Innenministerium NRW mitteilte.
Ganze fünf Tage nach dem Brand sollen die Hunde eine Spur von der Ausländerbehörde bis vor ein linkes Wohnprojekt gefunden haben. Noch am selben Tag durchsuchten die Beamten mit den Spürhunden die WG. Sie sollen laut Polizei in den Zimmern von drei Bewohnern angeschlagen haben, nicht aber bei den Personen selbst. Diese durften der Begehung mit den Hunden nicht als Zeugen beiwohnen.
"Das macht die Durchsuchung rechtswidrig", sagte der Anwalt der Bewohner, Sven Adam. Er hat Beschwerde vor dem Göttinger Amtsgericht eingelegt. Nach seinen Angaben haben die Beamten drei Computer, eine Tube Klebstoff und einen Filzstift beschlagnahmt.
Aufgrund dieser Indizien hat die Polizei gegen vier Bewohner ein Ermittlungsverfahren wegen "Herbeiführens einer Sprengstoffexplosion" eingeleitet. Die Spur führe "in die linksextremistische Szene", wie Vizepolizeipräsident Roger Fladung sagte. Und: Es sei ein weiterer Beleg für steigende Gewaltbereitschaft der Linksextremisten.
Doch ob es sich konkret bei den Tatverdächtigen um Extremisten handele, will die Polizei nicht kommentieren. "Wir ermitteln in alle Richtungen", sagte Fladung. Beweise gebe es noch keine, ergänzte Göttingens Kripo-Chef Volker Warnecke.
Trotzdem sprach Hans Wargel, Präsident des niedersächsischen Verfassungsschutzes, aus Anlass des Brandes von der "Schwelle zum Terrorismus", die linke Gewalt erreicht habe. Für Stefan Wenzel, Fraktionsvorsitzender der niedersächsischen Landtagsgrünen, ist das "völlig überzogen". Er forderte "eine professionelle und seriöse kriminaltechnische Arbeit der Polizei". Auf pauschale Vorverurteilungen solle verzichtet werden.
Eine im Internet dokumentierte E-Mail nährt zudem Spekulationen, es habe sich gar nicht um einen Brandanschlag gehandelt. "Am Freitagvormittag ist ein Wasserkocher im Landkreis-Gebäude explodiert" heißt es darin. Die Mail soll am Tag des Brandes um 14.13 Uhr in der Göttinger Stadtverwaltung kursiert sein. Bereits um 13.30 Uhr hatte die Polizei einen "Brandanschlag" gemeldet.
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