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Erdogans neuer GeneralstabchefHart und konziliant

Der türkische Premierminister Erdogan setzt einen Laizisten als Generalstabchef ein. Die islamistische Presse versuchte ihn zu verhindern.

Westlich geprägter Militär: Ilker Basburg. Bild: ap

Erdogans neuer Generalstabschef

Seit Montag steht für den türkischen Premier Tayyip Erdogan der neue Oppositionsführer fest: Ilker Basbug, bisheriger Chef des Heeres, wird neuer Generalstabschef. Er wird Ende August Yasar Büyükanit ablösen, der aus Altersgründen aus dem Amt scheidet. Der 65-jährige Basbug wird nach den Altersregelungen der türkischen Armee zwei Jahre im Amt bleiben, um dann ebenfalls turnusgemäß auszuscheiden.

Für die kommenden zwei Jahre kann Erdogan sich auf einen Gesprächspartner einstellen, der konziliant im Ton, aber hart in der Sache sein wird. Basbug ist ein Berufsoffizier, der das kemalistische Selbstverständnis der türkischen Streitkräfte repräsentiert. Nachdem er 2006 zum Chef des Heeres ernannt worden war, hielt er vor der Kriegsakademie eine Rede, in der er vor der wachsenden islamischen Gefahr in der Türkei warnte. Wie sein Vorgänger wird Basbug deshalb scharf auf die Einhaltung des türkischen Laizismus drängen.

Doch Basbug ist kein Putschist, sondern ein westlich geprägter Militär. Als 2004 in Teilen der Armeeführung über einen Putsch gegen die AKP-Regierung nachgedacht wurde, soll Basbug zu den Gegnern solcher Pläne gehört haben. Er ging nach seiner Ausbildung an der türkischen Kriegsakademie zur Royal Academy in Sandhurst, der berühmtesten britischen Offizierskaderschmiede, und wurde danach im Nato Defence College in Rom für leitende Aufgaben im Bündnis getrimmt. Nach einem Zwischenspiel in der Türkei wurde er an das Nato-Hauptquartier Shape in Mons bei Brüssel berufen. Zurück in der Türkei wurde er Vizegeneralsekretär des Generalstabes, danach Chef des Heeres und damit designierter Generalstabschef. Der neue Generalstabschef ist nicht nur Militär, sondern schon fast ein wenig ein Diplomat. Er wird keine Zweifel an der europäischen Ausrichtung der Türkei aufkommen lassen, was bei den Verhandlungen auf Zypern wichtig sein wird. Als politischer Realist unterstützt er ebenfalls Reformen gegenüber der kurdischen Minderheit weil ihm klar ist, dass die PKK sonst nicht zu besiegen ist.

Erst vor wenigen Wochen hatte die islamistische Presse noch versucht, Basbug als Generalstabschef zu verhindern, indem sie ihn als verkappten Juden denunzierte. Sie druckte Fotos von Basbug, die ihn bei einem Staatsbesuch in Israel an der Klagemauer zeigen. Zu Ehren der Gastgeber trug Basbug eine Kippa. Erdogan stellte sich jedoch gegen die Kampagne und traf sich stattdessen mit Basbug zu einem langen Gespräch unter vier Augen, über dessen Inhalt viel spekuliert wurde. Wahrscheinlich haben sich die beiden über ihre künftige Arbeitsgrundlage verständigt.

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3 Kommentare

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  • AO
    Albanian origin!

    Turkey's Army General İlker Başbuğ, who is of ethnic Albanian origin, has been appointed Chief of Staff of the Turkish Armed Forces, report Turkish media.

     

    The Turkish General is of Albanian origin. His parents were forced to migrate to Turkey in the 1950s due to Serb ethnic cleansing policies against Albanians. His village, Afyonkarahisar, located in the western Turkey is mainly populated by Albanians who fled their homes escaping Serb persecution decades ago.

     

    According to official estimates, the number Turkish citizens of Albanian origin is between 3 and 6 million and unofficial sources put that number between 10 and 15 million. Most of their families moved to Turkey as refugees escaping ethnic cleansing and persecution during Serbian state’s expansion in the Balkans. A large number of them are from Sandjak (Ottoman administrative unit) of Nish in present day southern Serbia.

     

    In the four day meeting of the Supreme Military Council of Turkey, which was concluded on Monday, it was decided that Basbug will be replacing the current Chief of Staff of the Turkish Armed Forces, Jashar Bujukanat, who is retiring. The appointment of Basbug must be ratified by the President of Turkey, Abdullah Gul. General Başbuğ, known as the "frosty general,” is expected to pursue more military reforms in the midst of ongoing political ordeals in Turkey.

  • SS
    Sebastian Sönksen

    Schade, denn ich halte von Herrn Gottschlichs Artikeln und Hintergrundwissen über die Türkei ziemlich viel. Ich habe keine Ahnung von Redaktionsarbeit, denke aber, dass das Foto nicht von ihm selbst beschriftet wurde, ihm wäre der Fehler nicht unterlaufen. Daher ist das ein schreibfehler einer Person, die die türkische Sprache vermutlich nicht kennt und sagt nichts über die Qualität des Artikels aus.

    Grüße

  • N
    Noname

    Ilker Başbuğ und nich Basburg . Ab da habe ich auch aufgehört zu lesen.