Erbsensuppe fürs Radio

Nicht nur die Köchin der Jugendherberge freut sich darauf, dass Radio Bremen an die Weser zieht. Mit der geplanten Aufwertung des Faulenquartiers sind alle BewohnerInnen hochzufrieden

Vermieter geraten ins Schwärmen: „Der Wohnungswert steigt jetzt enorm“

taz ■ Na sicher würde sie für die Leute von Radio Bremen mitkochen. „Da bräuchten wir den Speiseplan gar nicht umstellen“, sagt die Köchin der Bremer Jugendherberge. Zünftig Erbsensuppe mit Brötchen und Würstchen gab es gestern. Und für VegetarierInnen: „Erbsensuppe ohne Würstchen“.

Sechs Jahre leitet Baumgart jetzt die Küche der Teenie-Unterkunft im Faulenquartier. „Schmuddelecke“ nennt die 49-Jährige das vergessene Viertel zwischen Innenstadt und Hafen-Niemandsland. Früher saß hier mal die Jobvermittlung des Arbeitsamtes. Seit sich zuletzt auch noch der Elektronik-Riese Saturn in die oberste Etage des Kaufhofs verkrümelt hat, gibt es keinen Grund mehr, sich dorthin zu verlaufen.

Weder Fisch noch Fleisch ist das Gebiet zwischen Bürgermeister-Smidt-Straße, Faulenstraße und der Weser. Weder richtig heruntergekommen noch richtig schick. Hochhäuser und tote Winkel haben die Oberhand: Weder ein attraktives Wohnquartier noch ein pulsierendes Büroviertel. Geschäfte und Gaststätten gibt es kaum.

Ein Bastelladen, eine Pizzeria, ein Dönerladen. In direkter Nachbarschaft zur Jugendherberge befinden sich der Sexshop „Intimchen“, der „Adler Pub“, ein 3-Sterne-Hotel, ein Gemüsehändler und eine PC-Reparaturwerkstatt. Kein Café, kein Supermarkt. Das Leben beginnt erst wieder jenseits der Bürgermeister-Smidt-Straße.

Seit Dienstag aber schöpfen die BewohnerInnen und die paar Geschäftsleute im Faulenquartier wieder Hoffnung. Denn nun scheint endgültig festzustehen, dass das Parkhaus Diepenau, wo Autos derzeit noch luxuriösen Weserblick genießen, abgerissen wird. Stattdessen sollen sich in einem Neubau die RedakteurInnen und TechnikerInnen von Radio Bremen breit machen.

Davon ist nicht nur die Jugendherbergsköchin schwer begeistert. Auch Hans-Jürgen Kohlhase hat sich gefreut. Dem 56-Jährigen gehört eine Wohnung in unmittelbarer Nähe zum jetzigen Parkhaus und zukünftigen First-Class-Medienstandort. Noch wohnt sein Sohn in dem Anlageobjekt in der Geerenstraße. „Aber wenn ich sie mal verkaufen will...“, gerät Kohlhase ins Schwärmen: „Der Wert steigt jetzt ja enorm!“

Kohlhase setzt darauf, dass Redakteure Wohnungen in seinem Viertel suchen werden. Und er schlägt vor, die Kneipenmeile von der Schlachte zu verlängern, damit die Radio-Bremen-MitarbeiterInnen ein öffentlich-rechtliches Feierabendbierchen trinken könnten.

Weder ein attraktives Wohnquartier noch ein pulsierendes Büroviertel

FaulenquartierlerInnen, die die Aufwertung ihres Viertels durch den Zuzug Radio Bremens wirklich ablehnen, lassen sich schwer finden. Ursula Köhler wohnt seit 17 Jahren in der Diepenau mit Weserblick. „Gemischt“ blickt sie dem Umbau entgegen. Eigentlich sei es gut, wenn ein paar Hundert Radio-Bremen-Leute dem Viertel wieder Leben einhauchen würden. „Mit der Baustelle und dem Lärm müssen wir dann halt leben.“ Frühestens 2006 soll das neue Funkhaus fertig sein.

Eiken Bruhn