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EntgegnungÜberholte Schablonen

Birgit Neumann-Dietzsch, Kuratorin der kritisierten Ausstellung, wehrt sich gegen den Vorwurf einer Rehabilitation oder Umetikettierung von NS-Künstlern. Sie betont: "Wir können nicht säuberlich in Gute und Böse einteilen."

D ie Ausstellung in der Städtischen Galerie präsentiert exemplarisch 22 Bremer Künstler, von denen 1937 Arbeiten durch die Nationalsozialisten als "entartet" beschlagnahmt wurden, nicht 22 "entartete Künstler". Die Ausstellung will nicht historische Fragen des Nationalsozialismus neu beantworten oder noch einmal beweisen, dass der Nationalsozialismus ein menschenfeindliches und mörderisches System war. Vielmehr sollen Grauzonen und Widersprüche der Geschichte anhand von Künstlerbiografien und Zeitdokumenten beleuchtet werden.

Ausstellung und Katalog wollen erstmals ein Stück Bremer Kunstgeschichte schreiben, das bisher kaum bearbeitet worden ist, und das darüber hinaus erstmals im Kontext zur Zeitgeschichte gesehen wird. Anhand von sehr unterschiedlichen Schicksalen zum Teil halb oder ganz vergessener Bremer Künstler wird eine "verlorene Generation" in den Blick gerückt, deren Leben und Werk durch zwei Weltkriege und eine Diktatur geprägt waren. Nicht zuletzt soll gezeigt werden, welch qualitätsvolle und für ihre Zeit repräsentative Kunst von Künstlern in der Bremer Region geschaffen wurde.

Diese Ausstellung will weder Helden des Widerstands feiern, noch Täter oder Mitläufer der NS-Kunstpolitik nachträglich zu Opfern machen. Wissenschaftliche Grundlage für das Ausstellungskonzept war das 1937/38 angelegte Beschlagnahme-Inventar, das von Andreas Hüneke von der Forschungsstelle "Entartete Kunst" am Kunsthistorischen Institut der Freien Universität Berlin im Londoner Victoria & Albert Museum 1997 wieder entdeckt wurde. In enger Zusammenarbeit mit ihm wurde es gesichtet und darauf hin die Biographien der betroffenen Künstler erarbeitet, jeweils mit Schwerpunkt auf der NS-Zeit. Über manche dieser Künstler war kaum mehr etwas bekannt. Zahlreiche Nachlässe wurden gesichtet, weltweit Nachfahren gesucht und zum Beispiel in Südafrika, Dänemark und Hongkong gefunden. Dabei wurden wichtige Dokumente entdeckt, die die Vorgänge um die Beschlagnahme sowie Konflikte und Kompromisse mit dem Regime illustrieren und lebendig werden lassen. Gemeinsam mit den jeweils prädestinierten Fachkollegen wurde der Katalog erstellt. Den vielen "anderen" NS-verfolgten Künstler - so wird im Katalog gesagt - soll ein weiterer Abschnitt der Aufarbeitung gewidmet werden.

Die Ausstellung gibt keine Definition dessen, was die Nazis mit dem nebulösen Begriff "entartete Kunst" gemeint haben könnten. Dass die beschlagnahmte Kunst anders aussieht, als man sich das landläufig vorstellt, mag verwundern, aber es schärft den Blick für die Widersprüche. Und dass Künstler, deren Arbeiten beschlagnahmt wurden, nicht nur Verfemte und Verfolgte waren, wie man vermuten könnte, sondern teilweise sogar NSDAP-Mitglieder, verwundert ebenfalls, zeigt aber die Vielschichtigkeit der Problematik.

Nicht nur Herrn Krogmanns generelle Einschätzung zur Ausstellung, auch seine kritischen Anmerkungen zu Details lassen darauf schließen, dass er deren Ziel, Konzept und Inhalt im Grund nicht erfasst hat. Er will, dass mehr und größere Werke der NS-Kunst gezeigt werden. Gerade das wollten wir nicht. Adolf Zieglers "Die vier Elemente" als NS-Kunstideal ist repräsentativ genug. Ebenso sagen zehn Gedichte Carl Emil Uphoffs nicht mehr aus als eines. Nicht Masse sondern klare Prägnanz ist bei einem derart komplexen Thema notwendig. Weiteres können Personalausstellungen zeigen.

Herr Krogmann will auch, dass historisch und künstlerisch Handelnde säuberlich in Gute und Böse einteilbar sind. Damit können wir nicht dienen. Diese Ausstellung stellt einen Anfang dar, um die Vorgänge in ihrer Komplexität und Widersprüchlichkeit aufzuzeigen. Gerade in der überraschenden Darstellung von Widersprüchen, Unschärfen zwischen Anpassung und Widerstand, von verschwimmenden Rändern, besteht die Schärfe ihres Konzepts. 3.000 Besucher sahen bislang die Schau. Sie fanden sie spannend und lehrreich, sind nachdenklich, begeistert, fasziniert und berührt. Sie kommen zwei- und dreimal, um die Fülle des Materials zu erfassen.

Krogmanns platte Polemik verbellt all' diese Zuschauer. Sein Wunsch nach Schwarz-Weiß-Darstellung ist ein Rückfall in eine historisch überholte dogmatische Haltung. Alle Ausstellungsmitarbeiter und Autoren des Katalogs haben sich intensiv mit der Materie beschäftigt, um die platten Schablonen der Vergangenheit zu vermeiden.

Das umfangreiche Literaturverzeichnis im Katalog zeigt auf, wo der Besucher sich weiter informieren kann. Vielleicht sollte dies auch Herr Krogmann tun. Und er sollte sich Zeit für die Ausstellung nehmen, um zu finden, was er bisher vermisst.

Im Übrigen war die Aufarbeitung der Geschichte der Nordischen Kunsthochschule nicht Thema der Schau. Dennoch wurde dazu zum ersten Mal eine kleine Chronologie erarbeitet, wie auch zu den Beschlagnahmungen in der Bremer Kunsthalle. Hier wartet weiteres Material in den Archiven, das der Bearbeitung bedarf.

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