■ Entdeckte Produkte: Die praktische WAB-Hygienebox: In Autobahnraststättentoiletten
Früher, als alles mindestens mal anders und meistens auch noch besser war, da fuhr man an Autobahnraststätten manchmal rechts raus, weil man eben mal müssen mußte. In den dortigen Toiletten fand man dann manchmal auch eine Rolle Klopapier auf dem Spülkasten liegen, einen Seifenspender neben dem Waschbecken hängen und einen Heißlufthändetrockner, der freudig darauf wartete, einem die nassen Finger zu verbrühen. So war das früher.
Wahlweise war früher auch, als man auf Raststättenklos immer 50 Pfennig in der Geldbörse oder im praktischen Kleingeldspender haben mußte. Entweder nämlich war die Klokabine nur nach Münzeinwurf zu öffnen, oder es lauerte am Eingang diese penetrant freundlich grinsende Toilettenfrau mit ihrem Kleingeldteller.
Heute ist das alles ganz anders! Heute gibt es in Autobahnraststättentoiletten „Hygieneboxautomaten“. Hygieneboxautomaten sind Automaten, in die man eine D-Mark einwirft und sich dann ärgert, daß keine Hygienebox herauskommt. Falls doch einmal aus Versehen eine rauskommt, dann ist sie etwa so groß wie ein Autoquartettspiel und enthält laut Packungsaufschrift „alles, was Sie für die einmalige WC-Benutzung brauchen“. Offen gestanden war mir bis vor kurzem noch gar nicht klar, daß alles, was ich für die einmalige WC-Benutzung brauche, tatsächlich in eine autoquartettspielgroße Hygienebox aus dem Hygieneboxautomaten passen könnte. Und allen, die bisher noch nicht wußten, was WC-Benutzer für eine einmalige WC-Benutzung brauchen, und gerade keine Mark oder Autobahnrastätte zur Hand haben, denen sei gesagt:
Sie brauchen einen „Papieraufleger für WC-Brillen“, der etwa 84mal zusammengefaltet ist und beim Ausbreiten überall einreißt und schließlich aussieht wie eine Geburtstagsgirlande. Sie brauchen drei winzige Blättchen Klopapier und das Vertrauen darauf, daß Sie heute ganz bestimmt keinen Durchfall haben. Sie brauchen ein „Feucht-Toilettenpapier“, das nach Aussage des Packungsbedruckers „von Hautärzten empfohlen wird“ und mit dem Sie „eine vollständige Reinigung erreichen“. Außerdem brauchen Sie fürs anschließende Händewaschen noch ein Papierhandtuch von Briefmarkengröße. Was Sie übrigens ebenfalls noch brauchen, ist ein häßliches, beidseitig mit Seife beschmiertes Läppchen in einem Plastikbeutel, mit dem Sie sich die Fingerchen waschen sollen. Den Plastikbeutel müssen Sie mit den Zähnen aufreißen. Wenn Sie ein Mann sind und/oder im Stehen pinkeln können, dann haben Sie außerdem noch die Chance, aus Ihrem unbenutzten „Papieraufleger für WC-Brillen“ einen lustigen Wandschmuck für zu Hause zu basteln.
Aus der Pappverpackung, aus der die Hygienebox besteht, kann man sich übrigens mit etwas Geschick auch zwei kleine Stäbchen zur Ohrenreinigung falten. Wenn man das nicht möchte, kann man zu Hause sein Autoquartett hineinlegen. Die Firma, die die tollen Hygieneboxen herstellt, heißt übrigens „WAB“ – „Waschen, Abputzen, Box wegschmeißen“ wahrscheinlich. Also, die penetrant freundlich grinsenden Toilettenfrauen mit ihren weißen Kleingeldtellerchen waren mir lieber! Frank M. Ziegler
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