Energieinteressen: Lobby für weiße Kohle
Stromkonzerne gründen ein Info-Zentrum für CO2-freie Kohlekraftwerke. Ziel ist ein besseres Image für die neuen Anlagen.
BERLIN taz Nach dem Informationskreis Kernenergie gründet die Stromwirtschaft eine neue Lobby-Organisation: das Informationszentrum klimafreundliches Kohlekraftwerk, kurz IZ Klima. Bei diesem Kraftwerkstyp soll das klimaschädliche Gas Kohlendioxid (CO2) abgespalten und anschließend in unterirdischen Speichern gelagert werden, so dass es die Atmosphäre nicht belastet. Fraglich ist, ob diese Technologie funktionieren kann und bezahlbar sein wird.
"Die Mitgliedsunternehmen des IZ Klima sind davon überzeugt, dass die so genannten CO2-freien Kraftwerke ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu einer sicheren und klimafreundlichen Energieversorgung der Zukunft sind", sagte IZ-Klima-Chef Klaus von Trotha am Freitag.
Das Zentrum solle die Diskussion verbreitern und Vorbehalte in der Bevölkerung abbauen, so der ehemalige baden-württembergische Forschungsminister. Dem Zentrum gehören die Energiekonzerne EnBW, Eon, RWE und Vattenfall sowie Alstom, Hitachi und Siemens an.
2014 werde RWE ein großes Demonstrationskraftwerk mit dieser Technologie errichten, kündigte RWE-Manager Johannes Lambertz an. 2020 könne diese Technologie dann serienreif sein. Alle neuen Kohlekraftwerke, die bis dahin gebaut werden, sollen so konstruiert sein, dass sie sich mit der neuen Technologie nachrüsten lassen, versprach Lambertz. Bedingung dafür sei aber, dass die Technologie marktfähig sei und der Markt diese aufnehme. Um wirtschaftlich zu sein, müsste der Preis für ein Verschmutzungszertifikat für 1 Tonne CO2 dann bei mindestens 30 Euro liegen.
Die Bundesregierung geht in ihren Energieszenarien allerdings von einem Zertifikatspreis von 22 Euro aus. Sollte es so kommen, wäre die "saubere Kohle" also nicht wettbewerbsfähig und würde wohl kaum eingesetzt. Die neuen Kraftwerke, mit dem Versprechen einer späteren Nachrüstung gebaut, würden aber auf Jahrzehnte CO2 in die Luft blasen.
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