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ElefantenpostImmer Jünger bleiben dank Shree Rajneesh alias Osho

■ Die Inder halten es für ein Krankenhaus mit Bordellbetrieb, für Sannyasins ist der Ashram in Poona weiterhin das Energiezentrum

Auf dem Weg zur Osho Commune International fragte der Moped-Rikscha-Fahrer eher unvermittelt: „Madame, you want to fuck me instead?“ Die Luxusresidenz der Sannyasins genießt in Poona den Ruf, eine Mischung aus Bordell und Krankenhaus für durchgedrehte Westler zu sein, denen man helfen muß. Im Stadtzentrum selbst sieht man nur selten Jünger des verstorbenen Bhagwan Shree Rajneesh alias Osho, sie bleiben offenbar lieber in der Nähe des Ashrams. Dort hat sich eine ganze Infrastruktur von Hotels, Souvenirläden, Motorradverleihern und Cafés angesiedelt, wobei den Haupttreffpunkt zwischen den Meditationen und Kursen die „Deutsche Bäckerei“ bildet.

Man ißt Apfelstrudel und Müsli, spricht über Massagetechniken, Flughafentransfers und wartet auf Bekannte, die dann erst einmal minutenlang umarmt werden. Niemand soll sich allein fühlen, es sei denn, er oder sie trägt den Anstecker: „I'm in silence“, dann gibt's aus der Entfernung liebevolle Blicke.

Mein Tischnachbar war ein Yoga-Lehrer aus Los Angeles, der auf einer Intensiv-Meditationsgruppenreise durch Indien war und meinte, daß die Energie nirgendwo so fließe wie hier. Trotzdem fiel mitten im Gespräch der Strom aus: Während andernorts bei einem solchen Ereignis die bereitliegenden Kerzen angezündet werden, gab es hier einen kollektiven Aufschrei der Begeisterung!

So einfach kommt man nicht in den Ashram rein. Vor einem burgähnlichen Holztor sitzen Jünger, die von recht militant aussehenden Sicherheitstypen gedeckt werden. Mit milder Stimme sagt mir der dänische Sannyasin, ich solle morgen wiederkommen, da gebe es eine Tour. Abends kommt man nur mit Paß auf das Gelände – und den gibt es gegen einen im Haus durchgeführten Aidstest und umgerechnet 5 Mark pro Tag. Zudem braucht man jede Menge Rabattmarken, Kärtchen, Anstecker – denn für profanes Geld bekommt man in der Osho- Commune nichts!

Die Tour bestand schließlich aus einem 20minütigen Video, in dem Osho uns zum Beispiel erklärte, daß das Gras auch dann wachse, wenn wir nichts tun. Ein extrem entspannter Brite führte uns anschließend vor die Meditationshalle, wohin allabendlich der Stuhl Oshos geschleppt wird, bevor eine halbe Stunde „Video- Diskurs“ gezeigt wird – „als Osho seinen Körper verließ“, waren über 3.000 Stunden seiner Reden aufgezeichnet!

Wir durften den wirklich exquisiten Garten bewundern, die Tennisplätze, die Tanzhalle, den Osho-Buchladen, die vegetarischen Restaurants, das monatliche Magazin Osho-Times und die Internet-Beratungsstellen für Sannyasins, die gerade nicht in Poona sein können. Zwischen den Gebäuden schlenderten ruhig und beständig Menschen umher, die im wirklichen Leben Professoren in München sein mögen, hier aber zum Beispiel mit kreativ angemalten Gesichtern und roten Nachthemden umherlaufen, Hand in Hand mit einer eher studentisch wirkenden Japanerin.

Der Brite beantwortete mit großem Verständnis alle unsere unkundigen Fragen – auch als ein junger Inder wissen wollte, ob es stimme, daß hier sehr freier Sex praktiziert werde: „Wir versuchen, alles so natürlich wie möglich und in Übereinstimmung mit dem Kosmos zu machen. Deswegen benutzen wir Kondome. Anstatt Sexualität zu unterdrücken, lassen wir sie zu, damit sie nicht als negative Kraft wieder zurückkehrt. Ihr müßt wissen, daß viele Journalisten von Drogen und Sex und Geldschinderei schreiben, weil sie es besser verkaufen als Geschichten darüber, wie Osho Commune wirklich ist.“ Entscheide du selbst und informiere dich unvoreingenommen: http//www.osho.org. Dorothee Wenner

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