piwik no script img

Elefantenkuh MaryBerlins neue Königin

Im Berliner Zoo beobachten For­sche­r:in­nen ein wissenschaftliches Novum: Elefantenkuh Mary duscht sich mit dem Schlauch geschickt selbst ab.

Trotz fortgeschrittenen Alters noch fidel: die Elefantenkuh Mary Foto: Zoo Berlin

Berlin taz | Die Pandababys sind passé, denn im Berliner Zoo gibt es eine neue Sensation. Die Sensation hört auf den Namen Mary, ist 54 Jahre alt, der Teint schon etwas grau – doch egal, denn Mary genießt seit Kurzem royalen Status. Ein Berliner Forschungsteam verlieh der Elefantenkuh den ehrenvollen Titel „Königin des Duschens“, weil sie sich anders als andere Elefanten selber mit einem Schlauch abduscht. Was nach einem belanglosen Kuriosum klingt, ist tatsächlich eine wissenschaftliche Neuigkeit, der Forschende der Berliner Humboldt-Universität eine eigene Studie widmeten.

Während sich Elefanten normalerweise mit ihrem eigenen Rüssel abbrausen, zeigt Königin Mary außergewöhnliches Geschick mit dem Wasserschlauch. Das kann man sich in etwa so vorstellen: Mit ihrer Rüsselspitze greift sie den Schlauch, steckt ihn hinter das Ohr und lässt das Wasser wie aus einem Duschkopf über sich rinnen.

Mary geht meist gründlich vor. Ihr Rücken bekommt eine Ladung Wasser, dann stellt sie teilweise auf den Schlauch, sodass ein fester Strahl auf ihre Fußunterseite gelangen kann. Kurzum: Berlins neue Königin zeigt einen für Elefanten beeindruckenden Werkzeuggebrauch.

Die Berliner For­sche­r:in­nen nennen Marys Duschkünste „elegant“, und „motorisch komplex“ – die Anmutung einer echten Königin eben. Die Co-Autorin der am Freitag erschienenen Studie, Biologin Lena Kaufmann, drückte ihre Bewunderung wie folgt aus: „Duschverhalten wie dieses habe ich noch bei keinem anderen Elefanten gesehen.“

Queen Mary

Doch schon vor ihrer Krönung legte Mary recht herrschaftliches Verhalten an den Tag: „Gegenüber den anderen Elefanten ist Mary, nun ja, dominant“, sagt Tierpfleger Lucas Baum der taz. Sie sei die „Herrin“ des Geheges, das sie sich mit dem Elefantenbullen Victor teilte. Dem Nesthäkchen, der 12-jährigen Anchali, würde sich Queen Mary manchmal anlasslos in den Weg stellen und so ihre Überlegenheit demonstrieren – Matriarchat im Berliner Zoo.

Doch ganz reibungslos kommt Diva Mary mit ihrer Attitüde nicht immer durch. Anchali erlaubte sich ihrerseits kleine Streiche, indem sie versuchte, während Marys Duscheinheiten die Wasserzufuhr des Schlauches abzuknicken. Die For­sche­r:in­nen vermuteten dahinter Sabotageakte, vielleicht sogar eine Retourkutsche für Marys breitbeiniges Verhalten. Tierpfleger Lucas Baum will sich dieser The Crown-würdigen Theorie nicht anschließend: „Ich denke, Anchali ist einfach neugierig“, sagt er. Schließlich sei sie erst zwölf Jahre alt.

Vom gelegentlichen Reviermarkieren mal abgesehen, hat Lucas Baum nur schwärmende Worte für die Elefantendame übrig: „Mit 54 Jahren hat Mary ein für Elefanten sehr hohes Alter erreicht, doch trotzdem ist sie topfit“. Altersbedingte Ermüdungserscheinungen? Keine in Sicht. „Gut 20 Jahre jünger“ wirke Mary, komplimentiert Baum.

Tatsächlich kann Marys Alter nicht genau beziffert werden, weil sie außerhalb des Zoos in Indien geboren wurde und erst als junger Elefant nach Europa gelangte. Das war in den Siebzigern noch möglich, bevor einige Jahre später das Washingtoner Artenschutzabkommen in Kraft trat und den kommerziellen internationalen Handel mit Elefanten verbot.

Aus Mary wird Drumbo

Seit dem 25. September 1987 ist Mary offiziell Berlinerin, musste aber ihren Namen ablegen. Denn: Die Dresdner Bank wurde Marys Patin und benannte sie fortan nach ihrem „berühmten Sparschwein“ Drumbo. Unter diesem Namen ist Mary auch heute im Berliner Zoo bekannt. „Trotzdem hört sie weiterhin auf ihren Geburtsnamen Mary“, sagt Lucas Baum.

Während der kalten Wintermonate werden die Elefanten meist abends von den Pfle­ge­r:in­nen abgebraust, damit sie tagsüber nicht nass in der Kälte stehen müssen. Wer sich das Duschspektakel und Berlins neue Königin mal live und in Farbe anschauen möchte, sollte das also am besten im nächsten Jahr bei warmen Temperaturen tun.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!