Einkaufen am Sonntag: Kirchen ärgern Ostseebäder
Nach einem Gerichtsentscheid in Mecklenburg-Vorpommern könnten nun auch die verkaufsoffenen Sonntage an Schleswig-Holsteins Küste fallen. Die Tourismusbranche ist alarmiert.
Die Ostseebäder in Schleswig-Holstein fürchten um ihre verkaufsoffenen Sonntage. Für den Tourismus seien diese von "existenzieller Bedeutung", sagt Volker Popp, der Vorsitzende des Tourismusverbandes Schleswig-Holstein. "Darauf haben sich sowohl Besucher als auch Geschäfte über Jahre hinweg eingestellt." Sabine Natebus von der Tourismus-Agentur Schleswig-Holstein sagt: "Eine Stadt wirkt auf Besucher viel lebendiger, wenn die Geschäfte auch am Sonntag geöffnet sind."
Doch genau diese verkaufsoffenen Sonntage in Kur- und Badeorten sorgen für Unruhe in Norddeutschland. In Mecklenburg-Vorpommern hatten die Nordelbischen Kirche und das Erzbistum Hamburg mit Erfolg gegen die dortige Bäderverkaufsordnung geklagt: Vergangene Woche kippte das Oberverwaltungsgericht in Greifswald die Verordnung: Sie verstoße gegen das Verhältnis von Regel und Ausnahme, weil sie fast ganzjährig die sonntägliche Ladenöffnung ermögliche. Die Ordnung sah vor, dass die Läden in den Ostseebädern an 49 Sonntagen offen sein dürfen.
Nun sieht es so aus, als könnten auch an der Küste Schleswig-Holsteins die sonntäglichen Einkaufsbummel bald Geschichte sein. "Wir haben bereits im November letzten Jahres Klage gegen die hiesige Bäderregelung eingereicht", sagt Thomas Kärst, Pastor und stellvertretender Pressesprecher der Nordelbischen Kirche. Seiner Meinung nach hebele die Bäderverordnung den Sonntagsschutz schleichend aus. "Natürlich kann man Ausnahmen zulassen", so Kärst. Doch bei über 40 verkaufsoffenen Sonntagen im Jahr könne von einer Ausnahme keine Rede mehr sein.
ist eine Ausnahmebewilligung, die den Geschäften in Kur- und Tourismusorten erlaubt, auch an Sonn- und Feiertagen zu öffnen.
Öffnungszeiten sind jeweils von 11 bis 19 Uhr.
Ausnahmen bilden Karfreitag, Ostersonntag, der erste Weihnachtsfeiertag sowie der 1. Mai.
Betroffen von einer Änderung wären rund 100 Orte und Ortsteile an der Ostseeküste Schleswig-Holsteins.
Es gehe den Kirchen aber nicht um eine Konfrontation um jeden Preis, erklärt der Pastor. Er könne sich auch eine außergerichtliche Einigung vorstellen. Wichtig sei jetzt, dass sich alle beteiligten Parteien zum Gespräch zusammen fänden.
Der Sprecher des Kieler Wirtschaftsministeriums, Harald Haase, sieht das ähnlich. Sobald das genaue Urteil aus Greifswald vorliege, sei eine "fundierte Basis" für Gespräche vorhanden. Dies sollte in den nächsten Wochen der Fall sein. Allerdings, ganz klein beigeben will das Wirtschaftsministerium noch nicht. "Grundsätzlich sind wir an einer Erhaltung der momentanen Regelung interessiert", sagt Haase.
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