■ Eine neue Zukunft für Israelis und Palästinenser: Auf gute Nachbarschaft
Sie haben es nicht verhindern können: Der jüdische Attentäter von Hebron und die palästinensischen Attentäter auf Omnibusse sind umsonst gestorben, umsonst, wie die Ermordeten. Die letzten Anschläge auf das israelisch-palästinensische Friedensabkommen konnten den Prozeß wohl noch einmal um ein paar Wochen verzögern. Doch der Krieg war nicht mehr herbeizubomben. Zum ersten Mal seit Jahrzehnten haben die friedensbereiten Kräfte auf beiden Seiten die Oberhand gewonnen, stehen die Kriegstreiber, Kompromißlosen und Fundamentalisten jeglicher Couleur in der Ecke. Herrscht nun aber Frieden? werden die Skeptiker fragen. Gibt das Abkommen nicht den Palästinensern viel zuwenig und Israel zu viel? Besteht nicht die Gefahr, daß aus dem autonomen Palästina schon bald ein Polizeistaat werden könnte? Werden die Fundamentalisten nicht weiter morden? Und das soll Frieden sein?
Ich kann es nicht mehr hören. Was erwarten die Skeptiker? Der gerechte Frieden ist eine Chimäre. Gerechtigkeit ist leider keine objektive Kategorie. Ein Friedensabkommen, das allen Konfliktparteien die Waffen aus der Hand schlägt und sie zu begeisterten Pazifisten macht, ist dummerweise noch nicht erfunden. Natürlich ist das Gaza-Jericho-Abkommen, je nach Interpretationsmuster, ungerecht. Na und? Es kommt darauf an, was die Beteiligten daraus machen. Und Tatsache ist doch, daß mit dem Abkommen ein Rahmen vorhanden ist, der erstmals die Chance für eine israelisch-palästinensische Aussöhnung beinhaltet. Eine Chance wohlgemerkt, keine Garantie. Haß, Tod und Leid aber auch propagandistisches Getöse haben zu viele Menschen viel zu lange erleiden müssen, als daß nicht jetzt noch das große Mißtrauen bliebe. Daß sich wegen des Autonomieabkommens Israelis und Palästinenser in die Arme fallen und gemeinsam Freudenfeuer anzünden, auf diese Revolutionsromantik muß deshalb leider verzichtet werden. Auch der Sozialismus wird mit diesem Vertrag wohl kaum vor den Toren Palästinas stehen.
Es wird Rückschläge geben. Attentate von Palästinensern auf Juden und von Juden auf Palästinenser sind nicht mit den Unterschriften von Jassir Arafat und Jitzhak Rabin zu beenden. Erlittener Haß, Tod und Leid lassen sich damit nicht aus der Welt schaffen. Das Abkommen von Kairo kann nur ein Anfang sein. Es liegt an den Konfliktparteien, daß sie zu Partnern werden. Es liegt an der internationalen Öffentlichkeit, diesen Prozeß zu fördern und die Kompromißgegner zu isolieren. Niemand erwartet, daß Israelis und Palästinenser gleich gute Freunde werden. Eine gute Nachbarschaft reicht völlig aus. Klaus Hillenbrand
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