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Archiv-Artikel

„Eine Art Leitplanke“

Gestern legte die Journalistenvereinigung Netzwerk Recherche (NR) ihren Entwurf eines „Medienkodex“ vor. NR-Vorsitzender Thomas Leif über den neuen journalistischen Regelkatalog

INTERVIEW HANNAH PILARCZYK

taz: Herr Leif, warum bedarf es nach Meinung des Netzwerks Recherche eines Medienkodex?

Thomas Leif: Weil es für den Journalismus generell nur ganz wenige Markierungslinien gibt, die die Ethik unseres Berufes beschreiben. Der Pressekodex gilt zum Beispiel nur für die Printmedien. Gleichzeitig beobachten wir, dass in vielen Medienunternehmen gerade an Verhaltensleitlinien gearbeitet wird. Mit unserem Kodex wollten wir ein Argumentations-Set anbieten, das sich für die gesamte Branche eignet.

Mit welchem Mandat tun Sie das? Das Netzwerk Recherche ist schließlich keine Gewerkschaft, sondern eine freiwillige Journalistenvereinigung.

Der Medienkodex ist das Ergebnis einer Diskussion, die wir unter unseren Mitgliedern, auf Fachtagungen und unter Beteiligung von Kommunikationswissenschaftlern über die Dauer von drei Jahren geführt haben. Wenn Sie so wollen, ist das die Summe des Mandats.

An wen genau richtet sich der Medienkodex? In den Punkten 1 bis 9 formulieren Sie Ansprüche an die Arbeit von Journalisten, im letzten Punkt sprechen Sie jedoch die Verantwortung der Führungskräfte von Medienunternehmen an.

Hauptadressaten sind Journalisten aller Medien, denen wir mit dem Kodex eine Art Leitplanke für ihre Arbeit bieten wollen. Punkt 10 ist dahin gehend zu verstehen, dass wir auch sehen, dass es der richtigen Rahmenbedingungen bedarf, um gemäß dem Kodex arbeiten zu können. Deshalb appellieren wir auch an Eigentümer, Intendanten und Chefredakteure, journalistische Qualität zu ermöglichen und zu sichern.

Der journalistische Tausendsassa Hajo Schumacher hat Ihnen im Medienmagazin ViSdP „Romantik“ vorgeworfen: Mit Forderungen wie „Journalisten machen keine PR“ formulierten Sie „überholte normative Perspektiven“.

Hajo Schumacher hat einen unbegrenzten Begriff von PR, nach dem jede Nutzung von Informationen, die Unternehmen bereitstellen, bereits PR ist. Für uns vom Netzwerk Recherche ist die Abgrenzung zwischen PR und Qualitätsjournalismus aber klar: PR ist die Instrumentalisierung von ausgewählten Informationen zu Werbezwecken und stützt sich nur auf eine gesteuerte Quelle. Qualitätsjournalismus hingegen liefert ein umfassendes Bild, indem er mehrere Quellen nutzt und auswertet.

Wie hält es das Netzwerk Recherche mit Journalistenrabatten wie zum Beispiel günstigeren Handy-Tarifen? Streng genommen fallen die doch als „Vorteilsnahmen und Vergünstigungen“ unter Punkt 6. Gleichzeitig erleichtern sie vor allem freien Journalisten die Arbeit.

Ob er Rabatte nutzt, muss jeder Journalist selbst entscheiden. Wir wollen mit unserem Kodex nur auf bestimmte Problembereiche hinweisen und letztlich Fragen aufwerfen, die jeder individuell beantworten muss.